Untersuchung von Erdnussantigenen/-allergenen in der Muttermilch nach Prozessierung an Grenzflächen und ihre Interaktion mit dem Immunsystem
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die in der Allergologie seit der Studie von Du Toit G et al. (JACI 2008) so bedeutsame Frage, ob eine Erdnussexposition in der Stillzeit ein Sensibilisierungsweg oder möglicherweise sogar ein Weg zur Toleranzinduktion darstellt, unterstreicht die Aktualität des Forschungsvorhabens trotz seiner langen Förderungsdauer. Der Klärung dieses Sachverhaltes kommt eine große Bedeutung zu, um unnötige Karenzempfehlungen zu vermeiden und ggf. sinnvolle Empfehlungen zur Prävention, nämlich gerade den frühen Kontakt mit Erdnüssen, auszusprechen. Dazu mussten experimentelle Grundlagen geschaffen werden. Da die Erdnussallergie auch in Deutschland ein zunehmendes Problem darstellt, ist die Untersuchung einer deutschen Kohorte besonders interessant, da hier im Vergleich zu den USA und Kanada bzw. Großbritannien der Verzehr von Erdnüssen und Erdnussbutter immer noch geringer ist. Die Studie von Vadas et al. war die einzige, die sich mit der Detektion von Erdnussallergenen in humaner Muttermilch beschäftigt hat, und wurde bereits 2001 abgeschlossen. Dies unterstreicht das Alleinstellungsmerkmal dieser Muttermilchstudie über die Förderungsdauer von 2005 bis 2014. Erst im Mai 2014 wurden in einer französischen Studie Muttermilchproben von nur zwei Probandinnen auf das Erdnussallergen Ara h 6 hin untersucht (Bernand H et al., Allergy 2014). Es ist selbstverständlich, dass Probleme der Allergenkarenz und der Prävention nicht durch das zurückliegende Forschungsvorhaben gelöst werden konnten. Im auslaufenden Projekt gelang nach anfänglichen Schwierigkeiten der Probandenrekrutierung der Aufbau einer einzigartigen Kohorte stillender Mütter in Deutschland zur Untersuchung der Fragestellung, ob es nach Erdnussexposition zum Übertritt von hochpotenten Erdnussantigenen/-allergenen in Muttermilch kommt. Wir hatten uns für das Ara h 2 als Allergen der ersten Wahl für unsere Untersuchungen entschieden, da die Mehrheit der betroffenen Erdnussallergiker IgE-Reaktivität dagegen aufwiesen. Heutigen Kenntnissen zufolge wird Ara h 2 als Risikomolekül für systemische Reaktionen beschrieben, was bestätigt, dass wir uns damals für das richtige Allergen für die Analytik in Muttermilch entschieden haben. Beim Nachweis von Erdnussallergenen in den rekrutierten Muttermilchproben mittels eines kommerziellen ELISA musste als überraschendes Ergebnis festgestellt werden, dass die Daten der kanadischen Studie nicht reproduziert werden konnten. Mit Hilfe eines Ara h 2-spezifischen kompetitiven Inhibitions-ELISA in Kooperation mit Dr. Joe Baumert, USA, konnte für die Muttermilchkohorte erstmals die Frage beantwortetet werden, dass es zu einem Transfer des Krankheits-relevanten Erdnussallergens Ara h 2 und seiner Verdaustabilen Fragmente in unterschiedlichen Konzentrationen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten kommt und zwar intra- und interindividuell unterschiedlich. Ein Ara h 2-spezifischer und sehr sensitiver Sandwich-ELISA konnte zusätzlich als Tool zum sensitiven Nachweis von Ara h 2 in der Matrix Muttermilch etabliert werden. Bisherige Daten sprechen dafür, dass damit vor allem das intakte Ara h 2 detektiert wird. Um authentische Endprodukte der Erdnussallergen-Prozessierung als Referenzmaterial nachzustellen, wurde Ara h 2 (natürlich aufgereinigt und rekombinant dargestellt) mit gastrointestinalen Einzelenzymen (Enzynorm®, Kreon®) verdaut. Als Verdau-stabiles Fragment konnte ein prädominantes 12 kD großes Peptid mittels N-terminaler Sequenzierung als C-terminaler Teil des Ara h 2 (DRRGAGSS; aa 69) identifiziert und durch das MALDI-Spektrum bestätigt werden. Dieses Peptid besitzt nach Literaturmeinung eine ausreichende Länge, um zu sensibilisieren und allergische Reaktionen bei Erdnussallergikern auszulösen, und verfügt über intakte IgE-bindende Epitope und Disulfidbrücken, die es vor weiterem proteolytischen Abbau schützen und daher für seine persistierende Potenz nach Verdau verantwortlich sein könnten. Ein immunologisches Screening auf Erdnuss-spezifische IgG- und sIgA-Antikörper-Reaktivitäten in den Muttermilchproben zeigte, dass sich diese gegen die bisher beschrieben Erdnussallergene richtete, unabhängig vom atopischen Status der Probandin. Mit der Klonierung von Erdnussoleosin im Rahmen dieses Projektes wurde die Möglichkeit geschaffen, dieses lipophile Allergen diagnostisch mitzuerfassen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Development of a novel strategy to isolate lipophilic allergens (oleosins) from peanuts. PLOS ONE 10(4): e0123419
Schwager C, Kull S, Krause S, Schocker F, Petersen A, Becker WM, Jappe U
(Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0123419) - Prospective investigation on the transfer of Ara h 2, the most potent peanut allergen, in human breast milk. Pediatric Allergy and Immunology, Vol 27 Issue 4, June 2016, Pages 348-355
Schocker F, Baumert J, Kull S, Petersen A, Becker W-M, Jappe U
(Siehe online unter https://doi.org/10.1111/pai.12533)