Integration denkmalpflegerischer Belange in den vorbeugenden Hochwasserschutz. Prozess- und Fallanalysen, Best Practice, planerische Empfehlungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die öffentlichen Aufwendungen für den vorbeugenden Hochwasserschutz sind aufgrund steigender Risiken (und auch eines höheren Risikobewusstseins) in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Dazu werden vermehrt auch Maßnahmen des technisch-baulichen Hochwasserschutzes, der der lokalen Gefahrenabwehr in bebauten Gebieten dient, durchgeführt. Diese Bauwerke greifen in der Regel substanziell und räumlich in das überlieferte Gefüge ein und stellen damit umweltrelevante Maßnahmen dar, die auf ihre Verträglichkeit hin zu prüfen und zu optimieren sind. Ausgangsthesen des Projektes waren: 1, Bei den Planungen für den baulichen Hochwasserschutz findet die Bedeutung baukultureller Werte für die nachhaltige Entwicklung der Standorte bislang noch nicht genügend Berücksichtigung. 2, Die rechtzeitige Integration der Belange von Denkmalschutz, Stadtbild- und Landschaftsschutz dient der Erhaltung und Pflege von kulturellen und natürlichen Werten der Standorte, sie kann die technische und gestalterische Qualität und damit auch die Akzeptanz der erreichten Schutzbauten deutlich verbessern und sie ist im Interesse Zeit und Kosten sparender Planungs- und Genehmigungsverfahren zu fordern. Mit der Untersuchung konnte zunächst das Problemfeld konkret erschlossen und analysiert werden. Im Ergebnis einer bundesweiten Recherche wurden 21 Fallbeispiele aus 7 Bundesländern systematisch betrachtet und in Text, Bild und Karten detailscharf dargestellt. Dabei wurde umfängliches, bislang nicht allgemein zugängliches Quellenmaterial zusammengeführt. Es wurde ein Ansatz zur Beurteilung der Hochwasserschutz-Maßnahmen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Gegenstände des Denkmalschutzes und weiterer räumlicher Qualitäten eines Standorts entwickelt und auf die einzelnen Fallbeispiele angewendet. In einer übergreifenden Erörterung erfolgte eine vergleichende Bilanzierung für die einzelnen Orte und Maßnahmen. Dabei wurden die Schutzobjekte, die Prozesse und Verfahren, Art und Umfang der Maßnahmen und schließlich ihre Auswirkungen auf die Denkmale kritisch betrachtet. Diese Auswertung diente schließlich zur Formulierung allgemeiner, auf verschiedene Situationen anwendbarer Empfehlungen. Im Sinne eines Leitfadens werden darin Hinweise zu den Planungs- und Entscheidungsprozessen, aber auch zu den konkreten baulichen Lösungsmöglichkeiten gegeben. Insgesamt zeigt das erarbeitete Handbuch auf, unter welchen Gesichtspunkten Hochwasserschutz-Planungen zu entwickeln und kritisch zu prüfen sind, um ihre Vereinbarkeit mit denkmalpflegerischen Belangen herzustellen. Es verdeutlicht zudem, welche Anforderungen an die Erforschung und Vermittlung der Schutzgüter zu stellen sind, damit sie bei der Planung von Hochwasserschutz-Anlagen berücksichtigt werden können. Zwei zunächst nicht erwartete Erkenntnisse wurden im Projektverlauf deutlich: Zum einen fällt auf, dass die Rangordnung zwischen dem Interesse am Hochwasserschutz und dem Festhalten an örtlichen Qualitäten, die dem Schutz geopfert werden müssten, an verschiedenen Orten recht unterschiedlich ausgeprägt ist. Zum andern hat sich gezeigt, dass bei den untersuchten, durchaus als repräsentativ einzustufenden Beispielen auch die bereits rechtlich vorgesehenen Rahmenbedingungen zur Berücksichtigung der baukulturellen Schutzgüter keineswegs immer eingehalten wurden. Da Hochwasserschutz-Maßnahmen häufig nach schwerwiegenden Flutereignissen unter großem Zeitdruck realisiert werden müssen, befinden sich die Akteure offenbar in einem klassischen Dilemma: Um die Fördermittel im vorgegebenen Zeitrahmen ausschöpfen zu können, wird häufig auf die eigentlich notwendigen, aber zeitaufwendigen Beteiligungsprozesse verzichtet. Daraus ist zu folgern, dass bei Projekten, die unter großem Zeitdruck stehen, nicht die Aussetzung der vorgesehenen Prüf- und Beteiligungsverfahren vorgesehen werden sollte (wie gelegentlich geschehen), sondern Mittel zu ihrer beschleunigten Durchführung bereitgestellt werden müssten. Während der Bearbeitung haben bereits mehrere Kommunen, auch solche, die nicht Bestandteil der Untersuchung waren, Bedarf an den Ergebnissen angemeldet, ebenso Behörden und Planer. Da Hochwasserschutzmaßnahmen generell in der Öffentlichkeit und in den Medien aufmerksam und kritisch diskutiert werden, ist mit einem großen Interesse auch bei politischen Entscheidungsträgern und engagierten Bürgern zu rechnen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Bauliche Integration von Hochwasser-Schutzanlagen in historische Stadtbereiche, Dokumentation, Kolloquium an der TU Dresden, 2008
Lieske/Schmidt/Will