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Umgang mit probabilistischen Informationen bei Patienten mit Zwangsstörungen

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 49066367
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Klinische Erfahrungen zeigen, dass Menschen mit einer Zwangsstörung die Wahrscheinlichkeit negativer Ereignisse überschätzen. Dabei bleibt jedoch unklar, ob Zwangspatienten generell die Auftretenswahrscheinlichkeit negativer Ereignisse überschätzen oder lediglich die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen selbst ein solches Ereignis widerfährt (unrealistischer Pessimismus). Zudem ist bisher unklar, welche kognitiven Mechanismen einer erhöhten Gefahreinschätzung zu Grunde liegen. Lernpsychologisch könnte vermutet werden, dass Zwangspatienten Schwierigkeiten haben, aus der alltäglichen Erfahrung zu lernen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Ereignisse auftreten (Häufigkeitslernen) bzw. zu lernen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Ereignisse und deren Folgen verknüpft sind (probabilistisches Lernen). Es konnte gezeigt werden, dass die Fähigkeit zur Einschätzung relativer Häufigkeiten sowie zum Erlernen probabilistischer Zusammenhänge auf frontalen und striatalen Verarbeitungsprozessen beruht. Neurobiologische Modelle der Zwangserkrankung gehen jedoch davon aus, dass Zwangspatienten durch Dysfunktionen in eben jenen frontalen und striatalen Hirnregionen gekennzeichnet sind. Ziel dieses Projektes war es daher zu untersuchen, ob Zwangspatienten hinsichtlich der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit negativer Ereignisse einen unrealistischen Pessimismus aufweisen und ob sie im Vergleich zu gesunden Personen und Personen mit einer anderen Angststörung Schwierigkeiten im Häufigkeitslernen sowie im probabilistischen Klassifikationslernen zeigen. Diese Fragestellungen wurden an 30 Personen mit einer Zwangsstörung, 30 Personen mit einer Sozialen Phobie und 30 gesunden Kontrollen untersucht. Die Versuchspersonen bearbeiteten hierzu einen Fragebogen zur Einschätzung von Ereignishäufigkeiten, eine implizite Häufigkeitslernaufgabe, eine emotionale und eine neutrale Variante einer probabilistischen Klassifikationsaufgabe, sowie verschiedene Fragebögen zur Erfassung der Psychopathologie. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Zwangspatienten im Vergleich zu Gesunden bezüglich der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit positiver und allgemein negativer Ereignisse einen unrealistischen Pessimismus aufweisen. Zwangspatienten zeigten im Vergleich zu Gesunden jedoch keine grundlegenden Defizite in der impliziten Erfassung von Auftretenshäufigkeiten. Die Ergebnisse zeigten weiterhin, dass Zwangspatienten nur dann im Erlernen probabilistischer Zusammenhänge beeinträchtigt waren, wenn störungsspezifisches Material involviert war und dass diese Defizite durch die Tendenz zur Gefahrüberschätzung mediiert wurden. Defizite im probabilistischen Lernen stellten dabei kein spezifisches Merkmal der Zwangsstörung dar: Personen mit Sozialer Phobie zeigten sogar in beiden Aufgabenversionen (neutral und emotional) Beeinträchtigungen. Schließlich wurden die Defizite im probabilistischen Lernen durch Unterschiede in den verwendeten Lernstrategien (bei Zwang und Sozialphobie) sowie durch das Ausmaß allgemeiner Ängstlichkeit mediiert (bei Sozialphobie).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Gefahr im Verzug? Probabilistisches Klassifikationslernen bei Personen mit einer Zwangsstörung. 6. Workshop-Kongress der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Zürich
    Exner, C., Zetsche, U. & Rief, W.
  • (2010). Imminent danger? Probabilistic classification learning in obsessive-compulsive disorder. World Congress of Behavioral and Cognitive Therapies, Boston
    Exner, C., Zetsche, U. & Rief, W.
  • (2010). Kognitive Selbstaufmerksamkeit bei Personen mit Zwangsstörung. 28. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Mainz
    Kikul, J., Vetter, J., van Allen, T.S. & Exner, C.
  • (2010). Neuropsychologische und psychopathologische Einflussfaktoren auf probabilistisches Lernen bei Personen mit Zwangsstörungen. 28. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Mainz
    Exner, C., Zetsche, U. & Rief, W.
  • (2010). Spezifität impliziter Lernstrategien bei Personen mit Zwangsstörung und sozialer Phobie. 28. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Mainz
    Zetsche, U., Rief, W. & Exner, C.
  • (2011) Effects of cognitive selfconsciousness on visual memory in obsessive-compulsive disorder. Journal of Anxiety Disorders, 25, 490-497
    Kikul, J., Vetter, J., Lincoln, T. M. und Exner, C.
  • (2011). Es trifft immer mich! Verzerrungen in der Einschätzung von Ereignishäufigkeiten bei Personen mit einerZwangsstörung. 6. Workshop-Kongress der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Berlin
    Exner, C., Zetsche, U. & Rief, W.
  • (2011). Metacognition and Memory in OCD. 1st International Conference of Metacognitive Therapy, Manchester
    Exner, C., Kikul, J. & Rief, W.
 
 

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