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Aufklärung der Cyclooxygenase-abhängigen Nierenentwicklung bei der Maus

Fachliche Zuordnung Pharmakologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 42615255
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika kann beim Menschen zu schwerwiegenden Störungen der Nierenentwicklung führen. Die zu Grunde liegenden Mechanismen sind ungeklärt. Untersuchungen an der Maus weisen darauf hin, dass die Cyclooxygenase (COX)-2 eine wichtige Rolle spielt, da COX-2-/- Mäuse schwerwiegende Defekte in der Nephrogenese zeigen. Unklar ist jedoch, inwiefern COX-unspezifische Inhibitoren (die klassischen NSAID) und die neueren zum Teil klinisch genutzten COX-2-selektiven Inhibitoren (die Coxibe) in analgetisch wirksamen Dosierungen auf die Nierenentwicklung einwirken und welche Komponenten des COX-Signalwegs beteiligt sind. Unsere tierexperimentellen Studien konnten erstmals zeigen, dass klinisch genutzte COX-Hemmstoffe die Nierenentwicklung hemmen: die Glomerulusgröße wird verringert, der Anteil unreifer superfizieller Glomeruli steigt an und die subkapsuläre kortikale Masse wird vermindert. Obwohl alle getesteten COX-Inhibitoren eine vergleichbar starke Hemmung der COX-2 aufwiesen waren signifikante Unterschiede in der Stärke der Nierenschädigung zu beobachten. Relativ gesehen ergab sich in unseren Untersuchungen folgendes Schädigungsranking: Diclofenac = Naproxen > Rofecoxib = Etoricoxib = Lumiracoxib > Valdecoxib > Celecoxib. Die Wirkung von Rofecoxib auf die renale Entwicklung war vergleichbar der Wirkung des experimentellen COX-2-Inhibitors SC-236. Beide COX- 2-Hemmer induzierten zudem eine signifikant ausgeprägte Glomerulosklerose. Die nierenentwicklungshemmende Wirkung der COX-unselektiven Inhibitoren Diclofenac und Naproxen war ausgeprägter als die der Coxibe. Hierbei war insbesondere der Anteil arretierter superfizieller Glomeruli und undifferenzierter Zellen signifikant höher. Dies könnte daraufhin deuten, dass doch auch die COX-1, zumindest partiell, in Wachstums- und Differenzierungsprozesse involviert ist. Übertragen auf den Menschen postulieren wir, dass die Einnahme COX-hemmender Arzneimittel während der gesamten Phase der Nierenentwicklung, d.h. zwischen der 8. und 36. SSW, zu einer Einschränkung der Nephrogenese führen kann und, dass die klassischen NSAID das höchste Schädigungspotential aufweisen. Unsere weiteren Arbeiten zeigen, dass das Zeitfenster der höchsten Sensitivität gegenüber COX-2-Inhibitoren zwischen den postnatalen Tagen P4 und P8 liegt. Gabe des COX-2-Hemmers nach dem Tag P10 hat keinen Einfluss auf die glomeruläre Größe, jedoch wird die cortikale Dicke der Niere vermindert. Wir vermuten daher, dass Prostanoide auch nach Abschluss der Nephrogenese noch eine Rolle spielen und vermutlich das subkapsuläre cortikale Wachstum beeinflussen. Im Gegensatz zum Nierencortex entwickelt sich die Nierenmedulla unabhängig vom COX-System. Unsere Arbeiten zur temporalen Expression des COX-Systems zeigen, dass sich das Coxib-sensitive Zeitfenster mit einer transienten Induktion der COX-2 und der mPGES-1 Expression deckt. Die Induktion dieser Enzyme geht einher mit einer gesteigerten renalen PGE 2-Syntheseaktivität und PGE2-Exkretion. COX-1, als auch mPGES-2 und cPGES zeigen in den ersten 10 Tagen nach Geburt hingegen ein unverändertes Expressionsmuster. Die bisherigen Beobachtungen deuten darauf hin, dass (1) postnatal COX-2 und mPGES-1 coreguliert und exprimiert werden und zu einer gesteigerten renalen Synthese von PGE 2 führen und, dass (2) PGE2 das für die normale Nierenentwicklung relevante Prostaglandin darstellt. Diese Vermutung wird weiter gestützt durch unsere Beobachtung, dass EP2 und EP4-Knockout-Mäuse verminderte Glomerulusdurchmesser aufweisen. Allerdings konnten wir bei mPGES-1-/- Mäusen keine Nierenentwicklungsstörung beobachten. Eine mögliche Erklärung hierfür wären Kompensationsmechanismen, die den fehlenden Syntheseweg COX-2→mPGES-1→PGE2 umgehen. Zum einen könnte dies durch Aktivierung der mPGES-2 oder der cPGES, die beide renal exprimiert werden, erfolgen, oder durch Veränderungen im Prostanoidprofil, da mPGES-1-/- Mäuse vermindert PGE2, aber vermehrt PGI2 synthetisieren. Der IP-Rezeptor ist, wie auch die PGE2-Rezeptoren EP2 und EP4 an eine Aktivierung der Adenylatcyclase gekoppelt, so dass sich hierüber möglicherweise ein rescue pathway ergibt. Die Bedeutung der mPGES-1 für die COX-2-abhängige Nierenentwicklung soll daher insbesondere durch Verwendung selektiver Inhibitoren weiter untersucht werden. Als weiteren Beleg für unsere Vermutung, dass PGE 2 und die Rezeptoren EP2 und EP4 von zentraler Bedeutung für die COX-2-abhängige Nierenentwicklung sind, generierten wir EP2/EP4- Doppelknockout-Mäuse und untersuchten die Nierenentwicklung. Diese Tiere zeigten ähnliche renohistomorphologische Defekte wie COX-2 -/- -Mäuse. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass bei COX-2-/- -Mäusen die postnatale Applikation eines EP2- und EP4-Agonisten die Entwicklungsstörung verhindern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Consequences of altered eicosanoid patterns for nociceptive processing in mPGES-1-deficient mice. J Cell Mol Med 12:639-648; 2008
    Brenneis, C.; Coste, O.; Schmidt, R.; Angioni, C.; Popp, L.; Nusing, R. M.; Becker, W.; Scholich, K.; Geisslinger, G.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/j.1582-4934.2007.00110.x)
  • Phosducin influences sympathetic activity and prevents stress-induced hypertension in humans and mice. J Clin Invest 119:3597-3612; 2009
    Beetz, N.; Harrison, M. D.; Brede, M.; Zong, X.; Urbanski, M. J.; Sietmann, A.; Kaufling, J.; Lorkowski, S.; Barrot, M.; Seeliger, M. W.; Vieira-Coelho, M. A.; Hamet, P.; Gaudet, D.; Seda, O.; Tremblay, J.; Kotchen, T. A.; Kaldunski, M.; Nusing, R.; Szabo, B.; Jacob, H. J.; Cowley, A. W., Jr.; Biel, M.; Stoll, M.; Lohse, M. J.; Broeckel, U.; Hein, L.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1172/JCI38433)
  • Cyclooxygenase-2 controls energy homeostasis in mice by de novo recruitment of brown adipocytes. Science 328:1158-1161; 2010
    Vegiopoulos, A.; Muller-Decker, K.; Strzoda, D.; Schmitt, I.; Chichelnitskiy, E.; Ostertag, A.; Berriel Diaz, M.; Rozman, J.; Hrabe de Angelis, M.; Nusing, R. M.; Meyer, C. W.; Wahli, W.; Klingenspor, M.; Herzig, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1126/science.1186034)
  • Antiinflammatory role of microsomal prostaglandin E synthase-1 in a model of neuroinflammation. J Biol Chem 286:2331-2342; 2011
    Brenneis, C.; Coste, O.; Altenrath, K.; Angioni, C.; Schmidt, H.; Schuh, C. D.; Zhang, D. D.; Henke, M.; Weigert, A.; Brune, B.; Rubin, B.; Nusing, R.; Scholich, K.; Geisslinger, G.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1074/jbc.M110.157362)
  • Defects in mouse nephrogenesis induced by selective and non-selective cyclooxygenase-2 inhibitors. Br J Pharmacol 163: 927-36; 2011
    Olliges, A.; Wimmer, S.; Nusing, R. M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/j.1476-5381.2011.01313.x)
  • Novel bioactive metabolites of dipyrone (metamizol). Bioorganic & Medicinal Chemistry 20:101-107; 2012
    Rogosch T, Sinning C, Podlewski A, Watzer B, Schlosburg J, Lichtman AH, Cascio MG, Bisogno T, Di Marzo V, Nusing R, Imming P
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.bmc.2011.11.028)
 
 

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