Wer profitiert vom Wohnungsneubau?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Hauptziel des Projektes war es, auf Basis von Daten aus Deutschland die Auswirkungen von Wohnungsneubau auf die Verteilung der lokalen Mieten zu bestimmen. Der freie Wohnungsmarkt versorgt einkommensschwache Haushalte hauptsächlich über den Filtering-Prozess mit Wohnraum. Dabei löst die Fertigstellung einer neuen Wohneinheit eine Kette an Umzügen aus. Zuerst zieht ein Haushalt in die neue Wohnung ein. Dessen alte Wohnung kann von einem anderen Haushalt gekauft oder gemietet werden, welcher wiederum seine Wohnung einem dritten Haushalt überlässt. Im Ergebnis wechseln mehrere Haushalte von älteren – meist qualitativ schlechteren – Wohnungen in neuere, was letztendlich weite Bereiche der Mietenverteilung entlastet. Auf diese Weise kann Wohnungsneubau die gesamte Mietenverteilung verschieben, obwohl sich ältere unsanierte Mietwohnungen hinsichtlich ihrer Wohnqualität in der Regel deutlich von Neubauwohnungen unterscheiden. Eine wesentliche Innovation des Projektes ist die Identifizierung exogener Änderungen des lokalen Wohnungsangebots durch zufällige Variation im Wetter, wodurch sich Neubauprojekte verzögern können. Aufgrund von Kapazitätsengpässen im Bau können auch kürzere Verzögerungen zu einer quasi-permanenten Reduzierung des Wohnungsangebots im betroffenen Ort führen. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass derartige Wetterschocks ausreichend exogene Variation im Angebot an neuem Wohnraum erzeugen, um ökonomische Effekte messen zu können. Eine wichtige Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass Wohnungsneubau die gesamte Mietverteilung verschiebt. Dabei bestehen nur geringe Unterschiede zwischen der Wirkung auf die Mieten für Wohnungen niedriger gegenüber hoher Qualität. Dieses Ergebnis ist insofern überraschend, als dass die politische Debatte in Deutschland stark auf den geförderten Wohnungsbau und die Regulierung von Mieten bzw. Vermietern konzentriert ist, wohingegen der Neubau qualitativ hochwertiger Wohnungen kaum mit einer Senkung des Mietniveaus in Verbindung gebracht wird. Um dieses Ergebnis besser erklären zu können, wurde im Projekt ein strukturelles dynamisches Modell entwickelt, in dem die Entscheidungen von Mietern hinsichtlich Wohnqualität und zwischen gemietetem und selbstgenutztem Wohnraum betrachtet wird. Im Modell führt eine simulierte Ausweitung des Angebots an neuen selbstgenutzten Wohnungen zu einer Kette an Umzügen im Mietwohnungsmarkt, die zu einer gleichmäßigen Verbreitung des Angebotsschocks im Mietmarkt beitragen. Die resultierenden Effekte auf die Verteilung der Mietpreise sind vergleichbar mit den oben beschriebenen direkt aus den Daten geschätzten Effekten. Über eine Projekthomepage können Forschende Zugang zu den gesammelten Wohnungsmarktdaten erhalten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2021). Secondary Housing Supply. FAU Discussion Paper in Economics 05/2021
Mense, Andreas