Bedeutung der CYP2E1-Aktivität für die Toxikokinetik von Acrylamid beim Menschen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das in Lebensmitteln gefundene Acrylamid wird als potentiell karzinogen für den Menschen betrachtet. Wesentlich ist dabei die Bildung des reaktiven Epoxids Glycidamid aus Acrylamid, die im Tierversuch durch das Cytochrom-P450-Enzym CYP2E1 vermittelt wird. In diesem Projekt wurde zum ersten Mal die Rolle des CYP2E1 bei der Bildung von Glycidamid wie auch die Bedeutung der Glutathiontranferasen bei der Inaktivierung von Acrylamid und Glycidamid in vivo untersucht. In einer klinischen Studie an 16 gesunden Probanden wurde der Konzentrations-Zeit-Verlauf von Acrylamid und seinen Metaboliten: Glycidamid, N-acetyl-S-(2-carbamoylethyl)Cystein (AAMA) und N-acetyl-S-(2-hydroxy-2-carbamoylethyl)Cystein (GAMA) im Urin sowie die Bildung von den Hämoglobin-Addukten nach Gabe Acrylamid-reicher Nahrung jeweils bei unbeeinflusster, gehemmter (mit Disulfiram) und induzierter (mit Ethanol) CYP2E1-Aktivität bestimmt. Anhand der bisherigen Ergebnisse konnte gezeigt werden, dass CYP2E1 ca. ein Viertel der Oxidation von Acrylamid zu Glycidamid verantwortet und somit eine wichtige Rolle in der Acrylamid-Giftung spielt. Gleichzeitig tragen aber auch andere, unbekannte Enzyme zu diesem metabolischen Schritt maßgeblich bei. Auf der anderen Seite hatten die individuelle CYP2E1-Aktivität, die Induktion des Enzyms und die relevanten genetischen CYP2E1-Polymorphismen keinen offensichtlichen Einfluss auf die Acrylamid- Toxikokinetik. Auch den zytosolischen Glutathiontransferasen kann keine bedeutende Rolle in der Konjugation von Acrylamid und Glycidamid mit Glutathion zugeschrieben werden. Zusammenfassend zeigten die klinischen Ergebnisse, dass für die Acrylamid-Exposition nach Zufuhr von Acrylamidreichen Nahrungsmitteln keine wesentlichen genetischen Risken aber auch keine Schutzfaktoren bestehen. Parallel zu der Bestimmung der Acrylamid-Toxikokinetik konnten auch die ersten Daten zur Acrolein-Exposition gewonnen werden. Diese war im untersuchten Probandenkollektiv um mindestens eine Größenordnung höher als die Exposition mit Acrylamid. Potentielle Risiken der Acrolein-Exposition durch Nahrung sind bisher unbekannt und bedürfen einer weiteren Untersuchung. Anschließend an den klinischen Projektteil, wurde die besondere Rolle des CYP2E1 in der Bildung von Glycidamid aus Acrylamid anhand einiger in vitro Versuche mit Enzympräparationen des Menschen charakterisiert und bestätigt. Von besonderer Bedeutung ist auch die Tatsache, dass zum ersten Mal die reaktionskinetischen Parameter Vmax und Km bestimmt werden konnten. Die vielseitigen Erkenntnisse, die im Rahmen dieses Projektes gewonnen wurden, können maßgeblich zum Verständnis der Acrylamid-Toxikokinetik beitragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2007) Role of CYP2E1 and GSTs in acrylamide toxicokinetics in humans. Int J Clin Pharmacol Ther 44; 8. Jahreskongress für Klinische Pharmakologie 2006, Würzburg, Oktober 2006
Doroshyenko O., Kunz D., Frank D., Tomalik-Scharte D., Kinzig-Schippers M., Jetter A., Reith Y., Lazar A., Taubert D., Kirchheiner J., Berkessel A., Sörgel F., Schömig E., Fuhr U.
- (2007) Role of CYP2E1 and GSTs in the toxicokinetics of acrylamide and its metabolites in human beings. Basic Clin Pharmacol Toxicol 101; 9. Jahreskongress für Klinische Pharmakologie 2007, Kiel, November 2007
Tomalik-Scharte D., Doroshyenko O., Kunz D., Frank D., Kinzig-Schippers M., Jetter A., Reith Y., Lazar A., Taubert D., Kirchheiner J., Baum M., Berger F., Bertow D., Eisenbrand G., Berkessel A., Sörgel F., Schömig E., Fuhr U.
- In vivo role of cytochrome P450 2E1 and glutathione-S-transferase activity for acrylamide toxicokinetics in humans. Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 2009 Feb;18(2):433-43
Doroshyenko O, Fuhr U, Kunz D, Frank D, Kinzig M, Jetter A, Reith Y, Lazar A, Taubert D, Kirchheiner J, Baum M, Eisenbrand G, Berger FI, Bertow D, Berkessel A, Sörgel F, Schömig E, Tomalik-Scharte D
- (2010) Acrolein and acrylamide: exposure estimation of food borne toxicants by monitoring mercapturic acids in human urine after consumption of potato crisps; IUTOX-2010 (the XII International Congress of Toxicology), Barcelona 19-23 Juli 2010
Watzek N., Baum M., Berger F., Feld J., Richling E., Doroshyenko O., Tomalik-Scharte D., Fuhr U., Eisenbrand G.