Beweistheoretische Grundlagen der intensionalen Semantik. Kontrafaktische Konditionalsätze, doxastische und epistemische Einstellungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Intensionale Kontexte (z.B. Überzeugungskontexte) sind Kontexte, für die das Substitutionsprinzip fehlschlagen kann. So sind wir zum Beispiel abgeneigt, aus den Prämissen `Mary ist überzeugt, dass Superman fliegen kann' und `Superman ist Clark Kent' auf `Mary ist überzeugt, dass Clark Kent fliegen kann' zu schließen, da Mary möglicherweise nicht weiß, dass die zweite Prämisse wahr ist. Die Logik und Semantik intensionaler Konstruktionen, die Überzeugung oder andere intensionale Operatoren enthalten, wird heutzutage üblicherweise mit Mitteln der modelltheoretischen Semantik studiert. Ansätze dieser Art greifen typischerweise auf Wahrheitsbedingungen, semantische Ontologie und klassische Logik zurück. Ziel des Projekts war es, einen Beitrag zur Entwicklung einer beweistheoretischen Semantik intensionaler Konstruktionen zu leisten, die mit intuitionistischen Prinzipien des Räsonierens im Einklang ist. Im Gegensatz zur modelltheoretischen Semantik, wird Bedeutung in der beweistheoretischen Semantik nicht im Rückgriff auf Wahrheitsbedingungen erklärt, sondern unter Verwendung von Herleitungen und Beweisen. Die Arbeit, die im Rahmen des Projekts durchgeführt worden ist, verfolgte das Ziel der Entwicklung einer beweistheoretischen Semantik intensionaler Konstruktionen weiter. Das Rahmenwerk des subatomaren natürlichen Schließens (nicht, wie ursprünglich geplant, der konstruktive typentheoretische Formalismus) wurde auf Überzeugungs- und Wissenskonstruktionen erweitert, die mehrere kognitive Agenten einbeziehen (agentenbezogene subatomare Systeme und Schlussregeln). Das Prol der subatomaren Beweistheorie wurde geschärft (subatomare Operatoren; Scheitern subatomarer Herleitung). Ferner wurde ein erster Pfad zur Formulierung einer beweistheoretischen Semantik für kontrafaktische Konditionalsätze beschritten (auf Referenzbeweissysteme bezogene Annahmemodi). Die vorgeschlagenen Systeme des subatomaren natürlichen Schlieÿens weisen beweistheoretische Eigenschaften auf, die für die beweistheoretische Semantik von zentraler Bedeutung sind (Normalisierung, Teilformeleigenschaft) und sind sowohl mit einer intuitionistischen Auffassung von Erkenntnistheorie als auch mit einer inferentialistischen Perspektive auf die Semantik im Einklang. Es ist wichtig festzuhalten, dass die Systeme semantisch autark sind, dass sie nicht von Resultaten abhängig sind, die vom Räsonieren mit modelltheoretischen Strukturen Gebrauch machen und dass die beweistheoretische Semantik, die auf diesen Systemen basiert, keinen Gebrauch von semantischer Ontologie (z.B. mögliche Welten) macht. Anwendungen auf relativ komplexe und philosophisch signikante Konstruktionen (z.B. intentionale Identität, kontrafaktische Konditionalsätze mit unmöglich wahren Vordersätzen, Dreifaltigkeit) sowie Rätsel (z.B. die drei weisen Männer) legen nahe, dass die Systeme durchaus anpassungsfähig sind. Die Hoffnung ist, dass die beweistheoretischen Rahmenwerke, die in den Projektpublikationen beschrieben werden, künftig fortentwickelt werden können, um zu unserem Verständnis intensionaler Phänomene und des kontrafaktischen Schlussfolgerns aus einer beweistheoretischen Perspektive beizutragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2021). Intuitionistic multi-agent subatomic natural deduction for belief and knowledge, Journal of Logic and Computation 31(3): 704-770. Special issue on External and Internal Calculi for Non-Classical Logics edited by A. Ciabattoni et al.
Więckowski, B.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1093/logcom/exab013) - (2021). Subatomic negation, Journal of Logic, Language and Information, 30(1): 207-262
Więckowski, B.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10849-020-09325-4)