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"...wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik"? -- Internationale akademische Beziehungen Deutschlands von 1933 bis 1945: Wissenschaftliche Transfer- und Kooperationspraktiken zwischen Autarkie- und Hegemonieansprüchen am Beispiel der Philosophie und Philologie
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Dr. Andrea Albrecht; Professor Dr. Lutz Danneberg
Fachliche Zuordnung
Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Geschichte der Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Geschichte der Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 313271404
Das seit Juli 2016 von der DFG geförderte Projekt rekonstruiert die akademischen Beziehungen, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem Ausland bestanden. Vor allem in den ersten Jahren des NS-Regimes wurde eine Wissenschaftsauffassung propagiert, die überaus kritisch zur ,Internationalität‘ von Forschung und wissenschaftlicher Kommunikation stand; man favorisierte stattdessen eine partikularistische Konzeption von Wissenschaft, in der ‚völkische‘ Standortgebundenheit und rassen-biologische Eigenschaften der personalen Träger von Wissensansprüchen Genese und Geltung wissenschaftlichen Wissens bestimmen sollten. Sowohl die nach außen gerichtete Abschottung gegen vor allem westliche Einflüsse als auch die nach innen gerichtete völkische ‚Reinigung‘, die zahlreiche regimekritische und vor allem jüdische Wissenschaftler seit 1933 in die Emigration zwang, wurde von der internationalen scientific community entsprechend scharf kritisiert. Dennoch blieben die internationalen Wissenschaftsbeziehungen auch zwischen 1933 und 1945 außerordentlich intensiv. Mit den einsetzenden Kriegsvorbereitungen ebbte die politische Agitation gegen internationale wissenschaftliche Kontakte dann merklich ab. An die Stelle internationaler traten allerdings verstärkt bilaterale Kooperationen, die durch die ersten Kriegserfolge noch einmal merklich an Auftrieb gewannen. Autarkie- und Expansionsbestrebungen führten zu Modifikationen im NS-Wissenschaftsverständnis, das nun explizit formulierte Hegemonieansprüche mit einer aggressiven Europa-Ideologie verband und dafür exklusive Infrastrukturen und Kooperationsformate entwickelte. Wir untersuchen die ‚Internationalität‘ der deutschen Wissenschaften vor allem im Blick auf Philosophie und Philologie, und zwar anhand von Fach- und Kulturzeitschriften, internationalen Tagungen und Kongressen und der individuellen Reisetätigkeit von Forschern. Die materiale Basis unseres Projekts bilden eine umfangreiche Aufsatzdatenbank und Archivmaterialien aus dem Reichserziehungsministerium (REM) und dem Auswärtigen Amt (AA). Die Fortsetzung beantragen wir vor allem zur Auswertung dieser umfangreichen Archivalien, die eine umfassende Dokumentation der Reisetätigkeiten deutscher Wissenschaftler erlauben. Die Projektgruppe setzt sich aus Berliner und Heidelberger Philologen und Philosophen verschiedener Qualifikationsstufen zusammen, darunter zwei Doktorandinnen, und kooperiert mit ausgewiesenen Zeithistorikern und Vertretern anderer Disziplinen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen