Untersuchungen zum Glasgebrauch und Glashandel in der Dekapolis von der hellenistischen bis zur omayyadischen Zeit anhand stratifizierter Funde einer ländlichen Siedlung (Tall Ziraa/Nordjordanien)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Projekt wurden die Glasfunde der Siedlung auf dem Tall Zirā'a wissenschaftlich ausgewertet. Der Tall Zirā'a ist ein großer Hügel, der etwa 4,5 km südlich der antiken Dekapolisstadt Gadara, dem heutigen Umm Qes in Nordjordanien liegt. Die Ausgrabungskampagnen (von 2003 bis 2014) wurden durch das Biblisch-Archäologische Institut Wuppertal und das Deutsche Evangelische Institut für die Altertumskunde des Heiligen Landes in Jerusalem und Amman im Zuge des 'Gadara Region Projects' durchgeführt. Die Gläser des Tall Zirā'a umfassen hauptsächlich Gefäße die zum Servieren und Trinken von Flüssigkeiten genutzt wurden und einige wenige Platten und Schalen zum Servieren von Essen. Daneben wurden kosmetische Gefäße und einige Öllampen aus Glas gefunden, sowie gläserne Armreifen und verschiedene Formen von Fenstergläsern. Der Umfang der Studie reicht von der hellenistischen bis in die umayyadische Zeit, aber die meisten Funde datieren in die byzantinische Periode. Mit dieser Arbeit wurde zum ersten Mal ein vollständiger Katalog der Glasfunde einer kleineren ländlichen Siedlung in Jordanien präsentiert. Es wurde eine Methode entwickelt, mit der die für Siedlungsfunde typischen, stark fragmentierten Scherben bestimmten Typen zugewiesen werden konnten. Die Gesamtheit der Glasfunde wurde mit anderen Glasassemblagen der Region verglichen und zu den keramischen Geschirrfunden auf dem Tall in Beziehung gesetzt. Das Hauptziel der Arbeit war es, auf diese Weise Aspekte der ökonomischen und sozialen Entwicklung der Siedlung auf dem Tall anhand der Glasnutzung zu beschreiben. Zusammengefasst ließ sich konstatieren dass in der Siedlung auf dem Tall die Hauptnutzung von Glas zu allen Zeiten die Nutzung als Trinkgefäß war. Hierbei wurden kleine tiefe Schalen als individuelles Trinkgefäß den ab spätrömischer Zeit auftretenden hohen Bechern, aus denen man zu dritt trank, vorgezogen. Das zeigt ein Festhalten an Traditionen, die anderswo (z. B. in Petra) aufgegeben wurden. In byzantinischer Zeit wird das Glasspektrum dann stark erweitert und es werden gänzlich neue Formen (Lampen, Weingläser, Fensterglas, Khol-Gefässe) eingeführt, aber auch bereits bestehenden Funktionsgruppen werden um neue Formen ergänzt. Importe von fertigen Gläsern spielen nur in der hellenistischen Periode des Tall Zirā'a eine nennenswerte Rolle. Danach deutet die 'natürliche' (leichtgrünliche) Farbe der Gläser auf die Produktion der meisten Formen in nahegelegenen Gadara. Die in der Siedlung auf dem Tall Zirā'a gefundenen Glasformen gehören allgemein zum Formengut der Dekapolis und Galiläas und unterscheiden sich deutlich vom Formengut Südpalästinas. Wie es für die gesamte nahöstliche Region typisch ist, wurden die Glasfunde der Siedlung auf dem Tall Zirā'a hauptsächlich durch regionale Entwicklungen und Vorlieben geprägt und zeigen uns so eine Facette des täglichen Lebens der Menschen auf dem Tall in der Antike.