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Journalismus und Prominenz: Die Gesellschaft im Spiegel der Prominentenberichterstattung - heute und im Wandel der Zeit

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 258389120
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt „Journalismus und Prominenz im Wandel der Zeit“ hat die Berichterstattung über Prominenz in deutschen Publikumszeitschriften über einen für sozialwissenschaftliche Projekte ausgesprochen langen Untersuchungszeitraum (1956-2015) untersucht. Im Fokus standen die Fragen, welche Lebensstile die Prominenzberichterstattung präsentiert, welche Lebensentwürfe als erfolgreich bzw. problematisch dargestellt werden und wie sich diese Darstellungen im Zeitverlauf verändert haben. Hierfür wurde ein Theorierahmen entwickelt, der die soziologische Lebensstilforschung mit Konzepten des narrativen Journalismus und des Boulevardjournalismus (Narrative, Storytelling, Darstellungsstrategien) verbindet und damit einen Zugang bietet, journalistische Erzählungen vom guten bzw. schlechten Leben Prominenter inhaltsanalytisch zu erfassen. Mit diesem Theorierahmen ließen sich in einer qualitativen Inhaltsanalyse (n = 378 Artikel) vielschichtige Erklärungsfaktoren identifizieren, die der Prominenzjournalismus zur Darstellung von Lebensstilen heranzieht. Dabei zeigte sich über alle Lebensbereiche hinweg eine überraschende Kohärenz der Einflussfaktoren, welche erfolgreiche und problematische Lebensstile prägen (sechs Dimensionen: körperliche und psychische Voraussetzungen, Handlungen, soziale Einbindung, Inszenierung und Umweltfaktoren). Darüber hinaus konnten mehrere Großerzählungen des Prominenzjournalismus identifiziert werden. Als wichtigstes Narrativ entpuppte sich die Erzählung Des eigenen Glückes Schmied, in Eigenverantwortlichkeit und Leistungsbereitschaft als Voraussetzungen für ein erfolgreiches Leben betont werden. Damit offenbart die Erzählung eine große Nähe zum Mythos des American Dream, der soziale Mobilität durch Leistung verspricht. Unsere Analyse macht deutlich, dass dieser Mythos auch im deutschen Prominenzjournalismus als Großerzählung einer erfolgreichen Lebensführung propagiert wird. Aufbauend auf der qualitativen Inhaltsanalyse erfolgte eine quantitative Untersuchung von 3.030 Artikeln, um Veränderungen in den Erzählungen von Lebensstilen über einen Zeitraum von 60 Jahren aufzeigen zu können. Überraschenderweise zeigte die quantitative Analyse, dass sich die journalistische Thematisierung der sechs Dimensionen der Lebensführung über die Jahre hinweg nicht grundlegend verschoben hat. Daraus schlussfolgern wir, dass es sich bei diesen Faktoren um grundlegende Merkmale der Lebensgestaltung handelt. Allerdings legt die einseitige Präsentation der Lebensstile als entweder erfolgreich oder problematisch die Schlussfolgerung nahe, dass der Prominenzjournalismus ein verzerrtes Bild der Lebensrealität Prominenter zeichnet. Darüber hinaus wird deutlich, dass quantifizierende Methoden bei der Untersuchung von solch feinen sprachlichen und stilistischen Aspekten an gewisse Grenzen stoßen. Trotz intensiver Codiererschulung konnten wichtige latente Merkmale der Prominenzberichterstattung wie Narrative, personalized storytelling sowie stilistische Strategien wie der journalistische Umgang mit Spekulationen und Gerüchten nur bedingt im Langzeitvergleich betrachtet werden. Die Befunde weichen in einigen Punkten vom nationalen und internationalen Forschungsstand zu Prominenz in den Medien ab: Wir konnten keine wachsende Bedeutung des Privatlebens bei gleichzeitig abnehmendem Interesse an offiziellen Aufgaben und Funktionen Prominenter feststellen. Das Interesse an beruflichen Dingen ist über den gesamten Untersuchungszeitraum anhaltend groß; aber auch das Privatleben der Stars steht seit 1956 im Dauerfokus des deutschen Prominenzjournalismus. Es ist anzunehmen, dass dieser abweichende Befund auf die differenziertere Erfassung von Lebensstilen unterhalb der Themenebene zurückzuführen ist: Die in der qualitativen Analyse identifizierten Erklärungsfaktoren der Lebensführung zeigen, dass Journalisten auch in funktionsnahen Lebensbereichen private Merkmale heranziehen, um etwa berufliche Erfolge oder Misserfolge zu erklären. Allerdings stellt die einseitige Darstellung der Lebensführung als entweder grundlegend erfolgreich oder problematisch die Diagnose von Holmes und Redmond (2006) infrage, Prominenz stelle ein Spiegelbild der Gesellschaft dar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018). Celebrity narratives of success and failure. A qualitative content analysis of German celebrity magazines 1956-2014. 4th International Celebrity Studies Conference: Desecrating Celebrity, 26.-28. Juni 2018, Rom
    Friedrich, Katja & Ohliger, Ursula Alexandra
  • (2019). Kennzeichen und Wandel der Politikberichterstattung im Boulevardjournalismus. Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München. Wiesbaden: Springer VS
    Ohliger, Ursula Alexandra
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-27184-8)
 
 

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