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Die Bedeutung emotionaler Botschaften für die politische Urteilsbildung

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 231658148
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte die Verbreitung und den Einfluss von Politikern gezeigten Emotionen auf die politische Urteilsbildung der Bürger. Ziel war es, Verbreitung, Wahrnehmung und Wirkung der von Politikern in Fernsehen gezeigten Emotionen zu analysieren. Die Relevanz des Themas ergibt sich aus der herausragenden Bedeutung, die Emotionen im politischen Leben zugeschrieben wird. In scharfem Kontrast zu der vermuteten Rolle von Emotionen gibt es allerdings nur eine überschaubare Anzahl von empirischen Untersuchungen zu diesem Thema. Dies gilt insbesondere für die Bundesrepublik. Das durchgeführte Projekt hat deshalb über weite Strecken – insbesondere auch mit Blick auf methodische Aspekte – einen Pilotcharakter. Die durchgeführten Analysen basieren auf zwei Datenquellen. Erstens eine quantitative Inhaltsanalyse von 70 TV-Nachrichten und 20 politischen Talkshows, die in den fünf reichweitenstärksten Sendern des öffentlich-rechtlichen und des privaten Fernsehens zwischen Mai 2013 und April 2014 ausgestrahlt wurden. Die Auswahl der Sendungen für die Inhaltsanalyse erfolgte auf der Basis einer Zufallsstichprobe. In den ausgewählten Sendungen wurden insgesamt N=1.029 (Nachrichtensendungen) bzw. N=5.829 (Talkshows) Einstellungen identifiziert, für die maximal 3 Akteure mit Blick auf die gezeigten Emotionen codiert wurden. Metadaten zur Sendung und zu den Einstellungen wurden in einer eigenen Datei erfasst; ebenso wurde die medientechnische Präsentation der Kandidaten erhoben. Zweitens wurde im Rahmen eines komplexen Online-Experiments der kurz- und mittelfristige Einfluss der von Politikern gezeigten Emotionen auf die Einstellungen der Bürger zu diesen Politikern, Parteien und dem politischen System untersucht. Inhaltsanalyse und Experiment wurden miteinander verzahnt, d.h. der experimentelle Stimulus wurde aus dem inhaltsanalytisch untersuchten Material zusammengestellt. Ziel dieses Vorgehens war es, die empirische Relevanz experimentell nachgewiesener Effekte von Emotionen auf die politische Urteilsbildung abschätzen zu können. Die Datenerhebung wurde von März bis Mai 2015 durchgeführt. Insgesamt haben 5.109 Befragte an dem Experiment teilgenommen; 2.120 Personen konnten eine Woche später nochmals befragt werden. Unsere Analysen zeigen, dass Rezipienten beim Sehen von Nachrichten und Talkshows mit großer Wahrscheinlichkeit mit emotional agierenden Politikern konfrontiert werden. Die gezeigten Emotionen sind meist schwach und überwiegend positiv. Die Sichtbarkeit, Valenz und Intensität von im Fernsehen gezeigten Emotionen hängt von Politikereigenschaften, Eigenschaften der Sendungen und spezifischen Kontexte ab. Darüber hinaus setzen die Fernsehsender häufig Techniken ein, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu gewinnen und – deutlich seltener – die gezeigten Personen implizit zu bewerten. Insbesondere aufmerksamkeitssteigernde Techniken werden dann eingesetzt, wenn Politiker Emotionen zeigen. Die gezeigten Emotionen werden von Rezipienten in aller Regel wahrgenommen. Wie oft, wie zuverlässig und über welche Kanäle Emotionen wahrgenommen werden hängt von den Eigenschaften der gezeigten Emotionen und Rezipientenmerkmalen ab. Die Auswertung der Experimentaldaten belegt, dass von Politikern gezeigte Emotionen Konsequenzen für ihre Bewertung haben können. Allerdings sind die gemessenen Effekte uneinheitlich; gleichartige Stimuli lösen oft verschiedenartige, z.T. gegensätzliche Effekte bei den Rezipienten aus. Damit stehen unsere Befunde teilweise im Widerspruch zu den Ergebnissen anderer Untersuchungen. Sind Emotionen hingegen mit Incivility gepaart zeigen sich flächendeckend negative Reaktionen, die darüber hinaus mit Ausstrahlungseffekten – z.B. negative Einstellungen zu allen Politikern – verbunden sind. Unsere Befunde machen deutlich, dass die Erfassung von Emotionen in realweltlichen, bewegtem Bildmaterial und die Messung ihrer Effekte nicht trivial ist. Die gefundenen Inkonsistenzen indizieren weiteren Forschungsbedarf.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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