Visuelle Informationsaufnahme und Aufmerksamkeit im Sport - Die Bedeutung der Aufmerksamkeit für die visuelle Informationsaufnahme peripherer und fovealer Stimuli im Sport
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Aufgrund der hohen Aktionsgeschwindigkeiten in interaktiven Sportarten stehen die Sportlerinnen und Sportler unter erheblichem Zeitdruck. Insbesondere im Leistungssport ist deshalb eine effiziente visuelle Informationsverarbeitung von herausragender Bedeutung, um die eigenen motorischen Reaktionen an die Aktionen des Gegners bzw. der Gegnerin anpassen zu können. Mit diesem Projekt sollte die visuelle Informationsaufnahme in komplexen sportlichen Situationen untersucht werden. Zentral ging es um die Frage, ob die Bewegungsinformation foveal oder peripher verarbeitet werden und wie Aufmerksamkeitsprozesse diese Informationsaufnahme beeinflussen. Um dies zu prüfen, wurden neue experimentelle Paradigmen entwickelt und in drei Experimentblöcken mit insgesamt 10 Teilexperimenten eingesetzt. Im ersten Experimentblock konnte durch Manipulation des Stimulusmaterials im Fechten (zeitliche und räumliche Verdeckung bzw. Hervorhebung) zum einen ermittelt werden, welche Informationen nationale Spitzenfechter zur Vorhersage von Angriffsaktionen des Gegners nutzen (foveal: Arm/Rumpfregion). Zum anderen konnte gezeigt werden, dass eine Verdeckung von Informationen eine Veränderung im Blickverhalten zur Folge hat und dass die Implementierung von Hinweisreizen zu einer verdeckten Verschiebung der Aufmerksamkeit führen kann. Die Bedeutung der peripheren Informationsverarbeitung zur Vorhersage von Handlungsabsichten des Gegners konnte durch ein Lernexperiment gezeigt werden, in dem entweder foveale oder periphere Informationen ausgeblendet wurden (Experimentalblock 2). Durch eine Weiterentwicklung des eye-contingent display change Paradigmas zur Nutzung von Videosequenzen im Sport konnte ermittelt werden, dass Versuchspersonen, die nur periphere Bewegungsinformationen bei Fechtangriffen betrachten konnten, die gleichen Lernleistungen wie eine foveal trainierende Gruppe zeigten. Ziel des dritten Experimentalblock war die Ermittlung der Größe des visual span bei Fußballspielern, also der Größe einer Region um den Fixationspunkt (visuelle Spannweite), innerhalb derer Merkmale von gewisser Größe noch entdeckt werden können. Zwar konnte keine Experten-Novizen-Unterschiede in den statischen Bildern ermittelt werden, aber die Nutzung dieses Paradigmas in dynamischen Settings scheint vielversprechend. Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse dieses Projekts die erhebliche Bedeutung der visuellen Informationsaufnahme im Sport. Es wurden weiterführende Ergebnisse ermittelt sowie neue methodische Paradigmen entwickelt, die nach unserer Ansicht einen Beitrag zur weiteren Entwicklung dieses Forschungsbereichs leisten können.