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Bürgerliche Privatgärten in deutschen Landen um 1800 - Gestalt, Funktion und Bedeutung im Kontext des gesellschaftlichen Umbruchs

Fachliche Zuordnung Städtebau/Stadtentwicklung, Raumplanung, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Landschaftsplanung
Förderung Förderung von 2006 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 18283805
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsgebiet des bürgerlichen Gartens um 1800 kann durch die Ermittlung mehrerer Gartenanlagen und zweier unterschiedlicher Modellanlagen als ausreichend fundiert angesehen werden. Die Forschungen zeigen, dass das Bürgertum die neue als „freiheitlich“ konnotierte landschaftliche Ästhetik nutzt, um eigene Gartenprogramme zu verwirklichen. Mit dem Bessunger Lustgarten von Karl Friedrich von Moser konnten wir eine Anlage vorstellen, die paradigmatischen Charakter für die aufgeklärt-bürgerliche Gartenkultur besitzt. In Mosers Gartenpartien zeigt sich das Freiheitsversprechen der landschaftlichen Ästhetik in Einklang mit der Programmatik der Anlage. Die Zerstörung der Schlüsselstaffage durch den hessisch-darmstädtischen Erbprinzen ist zudem ein unübersehbarer Hinweis darauf, dass sich der innere Zusammenhang zwischen der sogenannten „Gartenrevolution“ und der nachfolgenden bürgerlichen Revolutionen nicht einfach verneinen lässt, wie dies zuletzt mit Verweis auf die ebenfalls landschaftlich gestalteten fürstlichen Landschaftsgärten getan wurde. Die Erkenntnisse zum bürgerlichen Garten werfen auch ein neues Licht auf den Zeitpunkt und die Motivation der Übernahme der landschaftlichen Ästhetik in Deutschland. Bislang ist vielfach davon ausgegangen worden, dass es sich hierbei um eine eher „modisch“ motivierte Übernahme handelt. Die Ergebnisse des Projekts legen die Annahme nahe, dass das Aufkommen der landschaftlichen Ästhetik eng an die politische Entwicklung innerhalb des „Alten Reichs“ gekoppelt ist, insbesondere an das Erstarken der bürgerlichen Emanzipationsbewegung, die in den 1770er Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Obwohl es schon durch die Forschungen von Adrian von Buttlar über den englischen Landschaftsgarten und Michael Niedermeier über verschiedene Landschaftsgärten deutscher Fürsten bekannt ist, dass die Gartenanlagen als politische Medien benutzt werden, war es dennoch überraschend, in welchem Maße das Politische auch die Gestaltung bürgerlicher Gartenanlagen beeinflusst. Auf diesem Gebiet ist noch weitere – vor allem interdisziplinäre – Forschungsarbeit gefordert. Zuletzt ist es gelungen, den Forschungsstand über den Nationalismus in der Gartenkunst voranzubringen. Es konnte nachgewiesen werden, dass nationalistische Tendenzen schon vor dem eigentlichen Beginn des „Zeitalters des Nationalismus“ um 1800 in den Gartenanlagen anzutreffen sind. Zudem zeigt sich, dass sich der Nationalismus bereits zu dieser Zeit in einer dialektischen Beziehung zur aufgeklärt-bürgerlichen Position befindet. Mit dem Weimarer Baumgarten des Frühindustriellen Friedrich Justin Bertuch (1747–1822) konnten wir für diesen Personenkreis ebenfalls eine repräsentative Gartenanlage ermitteln. Auch auf diesem Gebiet ist noch erhebliche weitere Forschungsarbeit zu leisten, die allerdings unter Einbeziehung von Fachkompetenz aus der Nationalismus-Forschung erfolgen sollte. Die Untersuchungen wurden so angelegt, dass die Ergebnisse als Grundlagenforschungen verwendbar sind.

 
 

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