Die Saalburgkastelle. Auswertungen der Altgrabungen.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das römische Kastell der Saalburg wurde etwa von 1855 bis 1934 ausgegraben und stellt eines der wenigen vollständig ausgegrabenen Kastelle am Obergermanischen Limes dar. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts in seinen wesentlichen Teilen wiederaufgebaut, wird es seitdem in der Forschung als abgeschlossenes Forschungsprojekt betrachtet, obwohl die Ausgrabungen nie vollständig veröffentlicht und nie modern bearbeitet wurden. Dieses Desiderat wird jetzt durch diese Arbeit geschlossen, nachdem dies bereits 2010 für den Vicus des Kastells erfolgte. Als Grundlage der Arbeit diente die umfangreiche Grabungsdokumentation, die aus zahlreichen Grabungstagebüchern, Skizzen, Plänen u. a. besteht und im Saalburg-Archiv aufbewahrt wird. Ziel war es, diese Dokumentation und die zuordenbaren Funde erstmalig vollständig zu bearbeiten. Es wurde ein vollständiger, digitaler Plan des Kastells mit allen Befunden erstellt. Innerhalb des Kastells konnten fünf Perioden unterschieden werden, von denen die erste dem sogenannten „Erdkastell“ (ein 0,7 großes Kastell) und die anderen vier dem Kohortenkastell (ein 3,2 ha großes Kastell) zugeordnet werden. Der Plan des „Erdkastells“ wurde ergänzt und eine Rekonstruktion der Innenbauten vorgeschlagen. Als Besatzung kommt eine vexillatio wohl einer Legion in Frage. Südlich des Kastells erstreckte sich der Vicus, nördlich lag das Badegebäude. Das „Erdkastell“ kontrollierte zusammen mit zwei weiteren Kleinkastellen (den sogenannten „Schanzen“) eine Straße, die zum Limes verlief. Das Kastell bestand vom Anfang des 2. Jahrhunderts bis ca. 135. Mit der Ankunft der cohors II Raetorum wurden das „Erdkastell“ und die „Schanzen“ planiert, der Vicus wurde teilweise abgebrannt und ein neues großes Kohortenkastell wurde gebaut. In der Kohortenkastellzeit konnten drei Bauphasen der Umwehrung erkannt werden (Periode 2-4), zuerst eine Holz-Erde-Mauer, die von kurzer Dauer war, dann eine Holz-Stein- Mauer, die um die Mitte des 2. Jahrhunderts gebaut wurde, und als letzte eine gemörtelte Steinmauer, deren Bau am Anfang des 3. Jahrhunderts erfolgte. Die Innenbauten waren in der Periode 2/3 aus Holz gebaut und wurden wohl am Anfang der Periode 4 aus Stein umgebaut. Durch diese Baumaßnahme änderte sich der Plan des Kastells nicht wesentlich. Nur in der östlichen praetentura verursachte die Verdoppelung des horreum einen Wechsel der Orientierung der Baracken. Die Anzahl derselben blieb aber in den Perioden 3 und 4 gleich. Die latera praetorii war von den principia und an deren Seiten von je zwei langen (bis 75 m) Baracken besetzt. In der praetentura lagen praetorium, horreum und je zwei Baracken pro Seite. In der retentura befanden sich im Westen zwei bis drei Baracken und im Osten ein Werkstattbereich. Die Anzahl der Baracken entspricht dem Bedarf einer cohors quinquigenaria, wie die 2. raetische Kohorte. Allerdings konnte die Frage zu der Vorhandensein einer Reitereinheit und deren Unterbringung nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Die Germaneneinfälle, die 233 den Kastellvicus der Saalburg zerstörten, verschonten das Kastell. Es war etwa 10 Jahre später, in den 240er Jahren, von einem Brand betroffen, insbesondere sein praetorium. In der anschließenden Periode 5 fand eine Umstrukturierung der Innenbauten statt: Das praetorium wurde vollständig umgebaut, in einigen contubernia der Baracken wurden Heizanlagen errichtet. Die principia verloren teilweise ihre Funktion. Anscheinend wurde die Anzahl der stationierten Soldaten reduziert. Einige Jahre später, in den 260/70er Jahren, erfolgte die endgültige Aufgabe des Kastells, das friedlich verlassen wurde. Mit dieser Arbeit sind die Ausgrabungen, die von der Mitte des 19. bis in 30er Jahre des 20. Jahrhunderts andauerten, vollständig vorgelegt und stehen für die weitergehende wissenschaftliche Forschung zur Verfügung. Die Vorlage der Grabungen im Vicus hat somit ihre zur Gesamtbeurteilung des Grabungsplatzes dringend erforderliche Ergänzung erfahren. Das Römerkastell Saalburg ist mit Abschluss dieser Arbeit eines der wenigen Limeskastelle, das mit Vicus und Außenanlagen vollständig ausgegraben und dokumentiert werden konnte, und das einzige Limeskastell, das mit Vicus und Außenanlagen vollständig vorgelegt wird. Diese breite Materialgrundlage wird in Zukunft der Forschung vielschichtige Möglichkeiten bieten, als Referenz für die Bearbeitung anderer Kastellplätze dienen und damit die Beurteilung des Limes, seiner Bauten und des Fundmaterials nachhaltig beeinflussen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Ein ungewöhnlicher Keramikkomplex aus dem Limesgraben bei der Saalburg. In: P. Henrich/C. Miks/J. Obmann/M. Wieland (Hrsg.), Non solum ... Sed etiam. Festschrift für Thomas Fischer zum 65. Geburtstag (Rahden/Westf. 2015) 301‒316
C. Moneta