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Mostar - Urban Governance und Wirtschaftsentwicklung in einer postkonfliktiven Krisenregion
Antragsteller
Professor Dr. Paul Reuber
Fachliche Zuordnung
Humangeographie
Förderung
Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 160632695
Mostar ist eine geteilte Stadt. Das galt nicht nur im Bürgerkrieg, es gilt in vielfacher Hinsicht bis zum heutigen Tag. In Mostar bestimmt der frozen conflict Bosnien und Herzegowinas die lokale und regionale Entwicklungspolitik und hat sich hier mittlerweile zu einem massiven Entwicklungshemmnis ausgewachsen. Kennzeichnend dafür ist noch immer der von nationalistischen Parteien mit scharfer Rhetorik aufrecht erhaltene territorialisierte Konflikt, der die Stadt in vielen Teilen des Alltags sozial, politisch und räumlich in zwei Teile trennt. Während die Europäische Union erfolglos versucht die drängenden konstitutionellen Reformen des Landes anzustoßen, liegt die einzige Möglichkeit zur sozioökonomischen Stabilisierung und Konfliktkonsolidierung derzeit auf der kommunalen Maßstabsebene. Vor dem Hintergrund der jüngeren Geschichte sind aber gerade bei der notwendigen Rekonsolidierung die formellen Institutionen aufgrund der gewachsenen Feindschaften und internen Probleme kaum in der Lage, eine effektive Stadtentwicklungs- und Wirtschaftspolitik zu machen, das Gegenteil ist oft eher der Fall. In dieser auf der formellen Seite fast ausweglosen Situation kommt neuen, flexiblen und semiformellen Formen von urban governance eine zentrale Rolle zu. Sie vollzieht sich nicht selten über Kooperationen mit zivilgesellschaftlichen NGOs und auch mit Unternehmerinitiativen, denen in diesem Vakuum der formellen Macht besondere Möglichkeiten und Handlungsspielräume zufallen. Vor diesem Hintergrund untersucht das beantragte Forschungsprojekt am Beispiel Mostar, welche Möglichkeiten und Probleme stadt- und wirtschaftspolitisch ausgerichtete Formen von urban governance in postkonfliktiven Räumen fragiler Staatlichkeit haben. Die zentrale Leitfrage lautet, wie sich regionalwirtschaftlich relevante politisch-ökonomische Entscheidungsprozesse unter den Bedingungen postkonfliktiver Verkrustungen im Umfeld einer insgesamt „schwachen Staatlichkeit“ vollziehen. Der Fokus liegt dabei auf einer Analyse entsprechender urban governance-Prozesse im Spannungsfeld der regional einzigartigen Konfliktstruktur unter Beteiligung sehr unterschiedlicher, zwischen Tradition und Fortschritt angelegter politischer und ökonomischer Eliten und neuer zivilgesellschaftlicher Akteur in formellen, oft aber auch semi- und informellen Aushandlungsprozessen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen