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Archäometallurgische und paläoanthropologische Untersuchungen des Gräberfeldes von Varna, Bulgarien

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 158710543
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Durch die Möglichkeit, die von bulgarischen Kollegen zusammengestellten aber noch nicht veröffentlichten Fundinventare des Gräberfeldes von Varna I für eine statistische Auswertung verwenden zu können, ist es nun erstmals möglich geworden, eine interne Chronologie des Gräberfeldes von Varna zu erarbeiten. Im Ergebnis zeichnet sich eine fünfphasige Entwicklung des Bestattungsplatzes ab, wobei sich eine Wandlung von einem profanen zu einem sakralen Ort andeutet. Neue 14C-Daten für Gräber aus der Endphase bestätigen den traditionellen Datierungsansatz, wonach die Belegung des Gräberfeldes um 4300 v. Chr. endet. Damit ergibt sich eine ungefähre Belegungszeit von 300 Jahren. Die Metallverarbeitung zeigt eine kontinuierliche Entwicklung von kleinen Kupfergeräten bis zu den zahlreichen, teilweise in serieller Fertigung und komplexer Technologie, z.B. in cire perdue Technik, hergestellten Goldobjekten der Endphase. Dabei bildet technologisch die Kupfermetallurgie die Basis für eine sich entwickelnde Goldmetallurgie. Anhand der Verbreitung der Produkte innerhalb des Bestattungsareals wird ihr beschränkter Zugang ersichtlich, der offenbar an die gesellschaftliche Stellung gekoppelt war. Ältere Hypothesen zur möglichen Verwendung von Berggold und der Herkunft einer platinreichen Goldsorte aus dem Kaukasus konnten widerlegt werden. Geologische Prospektionen haben gezeigt, dass in der weiteren Umgebung von Varna durchaus Goldseifen in den Flüssen anzutreffen sind, die auch teilweise Platin enthalten. Die anthropologische Untersuchung des Skelettmaterials zeigte keine ausgeprägten Unterschiede zwischen „armen“ und „reichen“ Gräbern. Die Herausbildung einer sozialen Elite, die durchaus an den Grabbeigaben erkennbar ist, spiegelt sich nicht in der Skelettmorphologie wider. Im Gegenteil weist der Mann in dem reichsten Grab 43 den schwersten diagnostizierbaren Fall von Arthrose innerhalb der untersuchten Skelettserie auf. Dies deutet auf eine starke körperliche Tätigkeit und lässt sich nicht ohne weiteres mit dem Bild eines parasitär lebenden Aristokraten in Einklang bringen. Der Gesundheitszustand ist im Allgemeinen gut, so dass sich auch hier keine klaren Unterschiede zeigen, die als Anzeichen für eine bestimmte Stellung innerhalb der Gesellschaft gewertet werden können. Es scheinen sich eher Einzelpersönlichkeiten eine gewisse Stellung innerhalb der Gesellschaft verschafft zu haben, wobei die reichen Frauen- und Kindergräber belegen, dass der Stand die Familie mit einschloss. Besondere forschungsgeschichtliche Bedeutung hat der Schädel des Mannes aus Grab 43, von dem ein 3D-Scan angefertigt wurde. Es wurden drei Kopien hergestellt, so dass es der Fachöffentlichkeit nun erstmals möglich ist, die frühere Rekonstruktion kritisch zu beurteilen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Wen stellen die tönernen Gesichter im Gräberfeld von Varna I dar? In: T. Link/D. Schimmelpfennig (Hrsg.), Taphonomische Forschungen (nicht nur) zum Neolithikum. Fokus Jungsteinzeit. Berichte der AG Neolithikum 3 (Kerpen-Loogh 2012) 237-256
    R. Krauß/V. Slavčev
  • Zusammensetzung und Technologie der Goldfunde aus dem chalkolithischen Gräberfeld von Varna I – Ein Zwischen-bericht. In: V. Nikolov (Hrsg.), Der Schwarzmeerraum vom Neolithikum bis in die Früheisenzeit (6000 – 600 v.Chr.): Kulturelle Interferenzen in der zirkum-pontischen Zone und Kontakte mit ihren Nachbargebieten. Tagung Varna, Bulgarien, 16. bis 20. Mai 2012. Rahden/Westf. 2016
    V. Leusch/E. Pernicka/R. Krauß
 
 

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