Diasporische Selbstinszenierungen. Chinesisch-amerikanische und amerikanisch-chinesische Identitäten im Austausch
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Forschungsprojekt untersuchte aus kultur- und literaturwissenschaftlicher Perspektive das Phänomen diasporischer Identitätsformationen am Beispiel des Kulturkontakts zwischen China und den USA und der chinesisch-amerikanischen Community. Damit positionierte sich das Projekt im Rahmen der Diaspora Studies und der Asian American Studies, zwei innovativen kulturwissenschaftlichen Forschungsgebieten. Das Projekt zielte primär darauf, den sehr stark gegenwartsorientierten Überlegungen zum Konzept der Diaspora (Stichwort 'Globalisierung') eine historische Dimension zu verleihen. So positionierte sich das Forschungsprojekt in seinem Verlauf zunehmend interdisziplinär und es wurden insbesondere Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen aus der Geschichtswissenschaft produktiv gemacht. Zudem zeigten die Kooperationskontexte und die Umsetzung des Projekts, dass der Bezugsrahmen zu einem Dreieck – USA/China/Europa – erweitert werden musste, eine wichtige Readjustierung der ursprünglichen Prämissen, die eine weitere internationale Ausrichtung des Projekts förderte. Das Forschungsprojekt gliederte sich in zwei Abschnitte: Der erste Projektabschnitt zielte auf eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Konzept der Diaspora und auf eine Vermittlung des Forschungsstands der aktuellen Diaspora Studies für einen deutschen Kontext, wobei die chinesische Diaspora als ein exemplarischer Bezugspunkt diente. Diese theoretische Auseinandersetzung wurde dann in zwei konkreten Fallstudien zu literarischen und kulturellen Phänomenen überprüft und präzisiert. In diesem zweiten Projektabschnitt ging es zum einen (Teilprojekt A) um die Repräsentation und Selbstinszenierung asiatischer Immigranten in den USA von 1890 bis 1950 (Film, Literatur, Fotografie), wobei insbesondere die hybride Struktur der amerikanischen Chinatowns im Zentrum des Interesses stand. Parallel dazu beschäftigte sich Teilprojekt B mit der zeitgleichen amerikanischen Präsenz in China, insbesondere mit Blick auf das missionarische Engagement der Amerikaner auf asiatischem Boden und deren Rückwirkungen auf Missionsbewegungen in der Heimat, um so das Konzept einer 'amerikanischen Diaspora' in China und ihrer Implikationen für wiederkehrende Missionare zu erarbeiten, die ebenfalls mit Strategien der Selbstinszenierung einherging. Das Oeuvre der Nobelpreisträgerin und Erfolgsautorin Pearl S. Buck war dabei Ausgangspunkt der Betrachtung. Die Ergebnisse beider Teilprojekte werden im Anschluss an das Projekt als Monografien publiziert/präsentiert. Neben mehreren Gastvorträgen von renommierten amerikanischen und europäischen Kollegen aus den Asian American, Asian und Pacific Studies sowie Projekt begleitenden eigenen Vorträgen und Publikationen der Bearbeiterinnen, wurde das Forschungsprojekt wesentlich geprägt durch zwei Workshopkonferenzen, aus denen schließlich Sammelbände hervorgingen. Die interdisziplinär angelegte Tagung "Pacific Interactions" (November 2006) brachte Kollegen und Kolleginnen unterschiedlicher Disziplinen im Rahmen der Chinese Studies und der (Asian) American Studies zusammen, um anhand einiger exemplarischer Bezugspunkte und Schlüsselthemen die Geschichten der so genannten 'pazifischen Randregion' (Pacific Rim Region) zu diskutieren. Die Tagung näherte sich den komplexen Entstehungs- und Entwicklungsprozessen der Geschichte des pazifischen Raums und der chinesischen Diasporisierung, um so die Vorgeschichte der aktuellen Transnationalisierungs- und Globalisierungsprozesse kritisch zu reflektieren. Im Anschluss an die Tagung konzipierten die Projektträgerinnen den Sammelband Trans-Pacific Interactions. The USA and China, 1880-1950, der im Herbst 2009 bei Palgrave Macmillan erschienen ist Eine zweite internationale Tagung zum Phänomen von Chinatowns organisierten die Projektträgerinnen im September 2008 unter dem Titel "Chinatowns. Myths and Realities of an Urban Phenomenon in the United States and Europe" an der Leibniz Universität Hannover. Diese Tagung erarbeitete eine vergleichende und historisierende Perspektive auf das Phänomen der Chinatown in den USA und in Europa und verlieh so dem Gegenstand der Chinatown, die gemeinhin als amerikanisches Phänomen betrachtet wird, eine neue globale Dimension. Aus der Tagung ging unter der Herausgeberschaft der Projektträgerinnen der Sammelband Chinatowns in a Transnational World: Myths and Realities of an Urban Phenomenon hervor, der 2011 bei Routledge (New York) erschienen ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Chinesen im Ausland zwischen Nostalgie und Futurismus. Die amerikanische Chinatown im transnationalen Kontext. Neue Zürcher Zeitung (24. Februar) (repr. as "Globale Strukturen, transnationale Lebensstile. Die amerikanische Chinatown." Unimagazin -
Zeitschrift der Leibniz Universität Hannover, Jg. 2008, Nr. 03/04, S. 58-61.
Ruth Mayer
- Staging the Chinese for the West: Melodramatic Dimensions in Pearl S. Buck's Novels and the Film Adaptation of The Good Earth. In: Melodrama - The Mode of Excess from Early America to Hollywood. Ed. Frank Kelleter, Barbara Krah, Ruth Mayer. Heidelberg: Winter. 2007, S. 229-246.
Vanessa Künnemann
- Diaspora. In: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ed. Ansgar Nünning. 4th revised and expanded ed. Stuttgart: Metzler, 2008, pp. 128-129.
Ruth Mayer
- Paper Citizens and Biometrical Identification. Immigration, Nationality, and Belonging in Chinese America during the Exclusion Era. In: Trans-Pacific Interactions. The United States and China, 1880-1950. Ed. Vanessa Künnemann, Ruth Mayer. New York:
Palgrave, 2009, pp. 85-104.
Ruth Mayer
- Pearl S. Buck, Das Romanwerk. In: Kindlers Literatur Lexikon. 3. völlig neu bearb. Aufl. Ed. Heinz Ludwig Arnold. Stuttgart: Metzler. 2009, pp. 272-273.
Vanessa Künnemann
- The Dangers of Diaspora: Some Thoughts about the Black Atlantic.
Transcultural English Studies: Theories, Fictions, Realities. Asnel-Papers 12. Ed. Frank Schulze-Engler, Sissy Helff. Amsterdam: Rodopi, 2009, pp. 91-102.
Ruth Mayer
- The Glittering Machine of Modernity. The Chinatown in American Silent Film. Modernism/modernity, Vol. 16. 2009, Number 4, pp. 661-684.
Ruth Mayer
(Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1353/mod.0.0144) - Transnational Nationalisms – China and the United States in a
Pacific World. An Introduction. In: Trans-Pacific Interactions. The United States and China, 1880-1950. Ed. Vanessa Künnemann, Ruth Mayer. New York: Palgrave, 2009, pp. 1-17.
Vanessa Künnemann, Ruth Mayer
- Transnational Nationalisms – China and the United States in a Pacific World. An Introduction. In: Trans-Pacific Interactions. The United States and China, 1880-1950. Ed. Vanessa Künnemann, Ruth Mayer. New York: Palgrave, 2009, pp. 1-17.
Ruth Mayer, Vanessa Künnemann
- The Turn to Economic Inequality: A Chance for a New-New
Americanist Middlebrow Studies?" American Studies/Shifting Gears. Ed. B. Christ, M. Butter, Chr. Kloeckner, E.Schäfer-Wünsche. Heidelberg: Winter, 2010, pp. 397-418.
Künnemann, Vanessa, Christ, Birte
- A 'bit of orient set down in the heart of a Western metropolis:' The Chinatown in the United States and Europe. An Introduction. In: Chinatowns in a Transnational World: Myths and Realities of an Urban Phenomenon. Ed. Vanessa Künnemann, Ruth Mayer. New York: Routledge. 2011, pp. 1-25.
Ruth Mayer
- Showing what it is to be Chinese: China/Town Authenticity
and Hybridity in Pearl S. Buck's Kinfolk." In: Chinatowns in a Transnational World: Myths and Realities of an Urban Phenomenon. Ed. Vanessa Künnemann, Ruth Mayer. New York: Routledge. 2011, pp. 163-181.
Künnemann, Vanessa
- The greatest novelty of the age:' Fu-Manchu, Chinatown Gangsters,
and the Global City. In: Chinatowns in a Transnational World: Myths and Realities of an Urban Phenomenon. Ed. Vanessa Künnemann, Ruth Mayer. New York: Routledge. 2011, pp. 116-134.
Mayer, Ruth.