Teilchenbasierter Hybridansatz zur Strömungssimulation für die Mikrofluidik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In diesem Projekt wurde ein neuer Ansatz zur skalenübergreifenden Simulation von Strömungen untersucht. Auf makroskopischer Skala wird eine Strömung durch die Navier- Stokes-Gleichungen beschrieben. Um diese Differentialgleichungen zu lösen, müssen Randbedingungen angenommen werden. Auf makroskopischer Skala kann man annehmen, dass die Geschwindigkeit einer Flüssigkeit- oder Gasströmung zu einer Wand hin abfällt und unmittelbar an der Wand verschwindet. In der Mikrofluidik gibt es jedoch Situationen, in dienen dies nicht erfüllt ist. Die Wechselwirkungen zwischen Flüssigkeit und Wand, aber auch die Struktur der Wand, z.B. ihre Rauigkeit, spielen eine wichtige Rolle. Da genaue Experimente auf diesem Gebiet schwierig sind, können Simulationen helfen, den Einfluss von unterschiedlichen Parametern zu studieren und letztendlich Bauteile für die Mikrofluidik auszulegen. Wechselwirkungen mit der Wand können mittels Molekulardynamik (MD) gut beschrieben werden. Allerdings ist dies eine sehr aufwändige Simulationsmethode und Systeme mit realistischen Abmessungen können auf heutigen Computern nicht simuliert werden. Andere Simulationsmethoden, die auf einer vereinfachten Beschreibung basieren, können wiederum die Wechselwirkungen mit der Wand nicht richtig erfassen. In diesem Projekt wurde daher ein Hybridansatz entwickelt, bei dem in der Nähe einer Wand Molekulardynamik zum Einsatz kommt und in weiter von den Wänden entfernten Gebieten wird die Strömung mit Stochastischer Rotations Dynamik (SRD) simuliert. In dem hier vorgeschlagenen Hybridansatz werden die Teilchen entsprechend ihrer Position entweder mit der einen oder mit der anderen Methode behandelt. Es wurden verschiedene Möglichkeiten untersucht, wie der Übergang von der einen zur anderen Methode gestaltet werden kann. Da die Dynamik in der vergröberten Beschreibung der SRD vereinfacht ist, werden auch nicht alle Eigenschaften der Flüssigkeit wiedergegeben. Dies führt vor allem an der Grenzfläche, an der die beiden Beschreibungen aufeinander treffen zu Artefakten. Im ersten Arbeitspaket wurden im Detail leicht unterschiedliche Kopplungsansätze getestet und bewertet. Die Geschwindigkeiten der Teilchen werden in der SRD-Region umskaliert. Diese Umskalierung wird nicht wie in den Vorarbeiten zum Antrag mittels eines Thermostaten vorgenommen, sondern nun durch einen konstanten Faktor festgelegt. Durch diese Maßnahme wurden die Artefakte zunächst größer als zuvor, was allerdings zu erwarten war. Die Artefakte konnten dadurch wieder verkleinert werden, dass der Skalierungsfaktor für die Teilchengeschwindigkeiten ortsabhängig an die Überblendfunktion für die Potentiale angepasst wurde. Als Alternative wurde der USHER-Algorithmus betrachtet, um für die Teilchen bei Übertritt von einer Region zur anderen günstige Positionen zu finden, was jedoch bei dichten Systemen ebenfalls aufgrund des hohen Rechenaufwands problematisch ist. Im zweiten Arbeitspaket wurden strukturierte Wände im Code implementiert, um die Strömung entlang von realistischen Oberflächen zu simulieren. Es wurden Scherströmungen und Poiseuille-Strömungen zwischen zwei parallelen Platten unter verschiedenen Bedingungen simuliert und Dichte- sowie Geschwindigkeitsprofil ausgewertet. Aus den Geschwin- digkeitsprofilen bei der Poiseuille-Strömung wurde der Wandschlupf in den Simulationen ermittelt. Es konnte die Erwartung bestätigt werden, dass bei zunehmender Benetzbarkeit der Wand die Schlupflänge abnimmt. Da der Rechenaufwand trotz des Hybridansatzes immer noch enorm ist, wurde im dritten Arbeitspaket statt der Hybridmethode die Gitter-Boltzmann-Methode eingesetzt, um Strömungen entlang von strukturierten Oberflächen zu simulieren. Beispielsweise kann durch Aufbringen von Streifen auf eine Oberfläche, die abwechselnd benetzend und unbenetzend sind, eine Strömung gelenkt werden. Hierzu wurden Simulationen durchgeführt und mit theoretischen Vorhersagen verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass eine für Spezialfälle hergeleitete Theorie zur Beschreibung von Strömungen entlang von strukturierter Oberflächen weit allgemeiner einsetzbar ist als unter den Bedingungen, unter denen die Theorie hergeleitet wurde.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Scale bridging by hybrid simulations in microfluidics. DPG Frühjahrstagung 2008
Martin Hecht and Jens Harting
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A boundary condition with adjustable slip length for Lattice Boltzmann simulations, J. Stat. Mech. P09017 (2009)
Nayaz Khalid Ahmed und Martin Hecht
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A Lattice Boltzmann study of flow along patterned surfaces and through channels with alternating slip length. In L. O’Conner, editor, Proceedings of the 5th International Conference on MEMS, NANO, and Smart Systems (ICMENS) in Dubai. Conference Publishing Services (CPS), IEEE Computer Society, Los Alamitos (Ca), USA, (2009). ISBN 978-1-4244-5615-4, IEEE 09PR3938.
Nayaz Khalid Ahmed and Martin Hecht
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Developing hybrid simulation approaches for microfluidics. June 22nd – July 4th , Softflow 2009, Cargèse, France
Martin Hecht
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Development of a hybrid simulation approach for microfluidics. DPG Frühjahrstagung 2009
Martin Hecht and Jens Harting
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Hybrid simulation approaches for microfluidics. Jülich Soft Matter Days 2009
Martin Hecht