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Das Bild des Priestertums im Judentum in der Zeit nach der Zerstörung des Zweiten Tempels - Aspekte eines religiösen Transformationsprozesses

Antragstellerin Professorin Dr. Beate Ego
Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 96499176
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Bild der Priester und des Priestertums in der rabbinischen Literatur ist vielschichtig und zeichnet sich – anders als häufig in der Forschung postuliert – nicht durch eine grundsätzlich negative Haltung aus. Wenn die Rabbinen auch in einzelnen Überlieferungen ihre Überlegenheit gegenüber den Priestern zum Ausdruck bringen (vgl. in Bildung und Schriftauslegung), ist insgesamt doch darauf hinzuweisen, dass sie an der Besonderheit des Priesterstandes festhalten. Dies zeigt sich beispielsweise in der grundsätzlichen Anerkennung priesterlicher Abgabeprivilegien oder den Eherechtsbestimmungen auch nach der Zerstörung des Tempels. Dabei spielt die Treue zur Tora eine vornehmliche Rolle. Mit der Umgestaltung des Gabenrituals ist hier aber auch eine Transformation des bibilischen Priesterbildes festzustellen, die den Gabendarbringer an der Heiligkeitssphäre der Priester partizipieren lässt und die die Sonderstellung der Priester damit in gewisser Art und Weise relativiert (vgl. hierzu auch die Einschränkung der priesterlichen Privilegien in mTer 2,6 oder mḤal 4,11). Ein anderer wichtiger Haftpunkt des Priesterbildes besteht in den Schilderungen liturgischer Zusammenhänge, wo – trotz der Polemik gegen das Ungebildetsein der Priester – diese die Aufgabe haben, die biblische Text zu rezitieren und den Priestersegen zu erteilen (mMeg 4,3-7; mTaan 4,1; mSot 7,2; mYom 7,1; mTam 5,1). So lässt sich festhalten, dass im liturgischen Bereich der Synagoge dem Priestertum auch nach der Zerstörung des Tempels eine wichtige Rolle zukommt und sich hier ein Bereich für das Fortbestehen priesterlicher Anschauungen eröffnet. In den Erzählungen über das Tempelritual am Yom Kippur funktionalisieren die Rabbinen zudem das Bild des Priesters, in dem sie nun ihre eigene liturgische Praxis der Verlesung des Yom-Kippur-Abschnittes in die Zeit des Tempels mit dem funktionierenden Tempelkult rückprojizieren. Schließlich legen einzelne Überlieferungen aus dem Bereich der tannaitischen Haggada auch den Grundstein für eine gleichsam mystische Überhöhung des Hohenpriesters, wenn dieser mit Engeln parallelisiert wird. An diese Traditionen können dann die späteren Überlieferungen aus dem Bereich der Piyyutliteratur anknüpfen, wenn sie die Gestalt des Priesters hymnisch preisen. Als Fazit kann so festgestellt werden, dass die Zerstörung des Tempels und das Ende des faktischen Priesterkults einen höchst differenzierten Einfluss auf die Entwicklung des Priesterbildes in der Literatur des antiken Judentums hatte. Wenn manche der frühen Texte auch die Priester für die Zerstörung des Tempels verantwortlich machen (so u.a. die Belege in den Pseudepigraphen syrBar 10,18) und diese Priester als dem gebildeten Rabbinat unterlegen darstellen können (mYom 1,5), so findet sich dennoch von Anfang an auch ein Überlieferungsstrang, der auf die bleibende Bedeutung des Priestertums hinweist. Während Josephus in seiner Schrift über die Zerstörung des Tempels Bellum Judaicum ein ideales Bild frommer Priester zeichnet, die unter höchsten Gefahren den Opferdienst im Tempel ausüben, so ist das Bild der Priester in den Antiquitates Judaicae als eine von Gott eingesetzte und von den Menschen bestätigte natürliche Führungselite des jüdischen Volkes beschrieben, der die Bewahrung der jüdischen Verfassung (Tora) obliegt. Für die rabbinischen Überlieferungen ist die bleibende Bedeutung des Priestertums vor allem im liturgischen Bereich bedeutsam, wenn dort einzelne Elemente aus der Tempelliturgie fortgesetzt und neue liturgische Entwicklungen durch ihre Rückprojizierung in die Zeit des Tempels begründen werden. So erfolgt eine Transformation des traditionellen Priesterbildes, das für rabbinische Interessen funktionalisiert wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Josephus’ concept of priestly leadership after the destruction of the Temple”, Society of Biblical Literature Annual Meeting (Section: Levites and Priests in History and Tradition), Chicago, USA (20.11. 2012)
    Claudia Losekam
  • „Priestly Angels and angelic Priests – or: What do we learn about worship from the heavenly Temple?“, Society of Biblical Literature International Meeting St. Andrews 7.-12. 7. 2013
    Claudia Losekam
  • ‬jāṣaq, in: H.-J. Fabry / U. Dahmen (Hg.), Theologisches Wörterbuch zu den Qumrantexten, Bd. II, Stuttgart 2013, 244-246
    Claudia Losekam
 
 

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