Ärztliche Praxis im frühen 18. Jahrhundert: Der Nürnberger Arzt Johann Christoph Götz (1688-1733)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Forschungsvorhaben hat sein Kernziel erreicht, durch die datenbankgestützte Analyse der Praxisaufzeichnungen des Johann Christoph Götz (1688-1733) tiefer gehende Erkenntnisse über Organisation, Patientenschaft und Wissensbestände von dessen Nürnberger Arztpraxis zu gewinnen und auf dieser Grundlage ausgewählte „Patientengeschichten“ auszuarbeiten. Die Detailuntersuchung erfolgte mittels der Erhebung von bis zu 35 fallbezogenen Daten - darunter Alter, Geschlecht und Wohnort der Patienten, Götzes zeitspezifische Diagnosen und Therapieempfehlungen wie auch die Modalitäten der Kontaktaufnahme mit dem Arzt – aus den Jahrgangsbänden 1717, 1721 und 1726. Die statistischen Befunde, etwa zur Geschlechter- und Altersverteilung oder zur sozialen Stellung der Patientinnen und Patienten, zur Zahl und Frequenz der Konsultationen wie auch zu saisonalen Schwankungen sind ebenso in einschlägige Publikationen eingeflossen wie ausgewählte Patientengeschichten. Darunter beispielsweise die Krankengeschichte von Götzes berühmtestem Patienten, des Grafen Ernst vom Metternich (1656-1727), mit dem der Nürnberger Arzt eine rege Konsiliarkorrespondenz unterhielt. Ein weiteres einschlägiges Beispiel aus Götzes alltäglicher Praxis wird im Rahmen der Sonderausstellung „Patientenwege. Zur Geschichte der Begegnung von Arzt und Patient“ (z.B. Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité, Deutsches Medizinhistorisches Museum Ingolstadt), zu deren Inhalten das Projekt beigetragen hat, derzeit einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Diese Ausstellung wurde in den Publikumsmedien breit rezepiert, etwa in einem mehrseitigen Beitrag in der Zeitschrift „Damals“ (Heft 5/2014). Daneben haben die Recherchen in Nürnberger Archiven weiterführende Erkenntnisse zur Person und zum Wirken Johann Christoph Götzes als Gelehrtem und Publizisten zu Tage gefördert. Die publizistische Tätigkeit des Arztes, der im Licht seiner Praxisaufschriebe als Stahlianer erscheint, und später Herausgeber des „Aufrichtigen Medicus“ bzw. Mitherausgeber des erfolgreicheren „Commercium Litterarium“ war, verknüpft sich mit den Aufzeichnungen aus seiner täglichen Praxis. Inwieweit dieses Betätigungsfeld sich auf Götzes ärztliche Tätigkeit auswirkte, bleibt aufgrund der fehlenden Praxisaufzeichnungen aus den letzten Lebensjahren des Arztes allerdings eine offene Frage.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Stadtarzt oder Arzt in der Stadt? Drei Ärzte der Frühen Neuzeit und ihr Verständnis des städtischen Amtes. In: Medizinhistorisches Journal 46 (2011), S. 99-133
Ruth Schilling, Sabine Schlegelmilch, Susan Splinter
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„Der Aufrichtige Medicus”, eine Zeitschrift des Nürnberger Arztes Johann Christoph Götz (1688-1733) als Vorläufer des „Commercium Litterarium”. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 13 (2011), S. 5-15
Susan Splinter
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Arztpraxis im frühneuzeitlichen Nürnberg. Johann Christoph Götz (1688-1733) In: Jahrbuch für Fränkische Landesforschung 72 (2012), S. 123-149
Annemarie Kinzelbach, Kay Peter Jankrift, Marion Maria Ruisinger
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Ernst von Metternich (1656-1727). Ein patientenzentrierter Einblick in den Medizinischen Markt um 1720. In: Gesnerus 69 (2012), S. 12-35
Kay Peter Jankrift, Annemarie Kinzelbach, Marion Maria Ruisinger
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Women and Healthcare in Early Modern German Towns. In: Renaissance Studies, 28,4, Special Issue: Women and Healthcare in Early Modern Europe. Guest Editor: Sharon T. Strocchia, September 2014, Pages 619-638
Annemarie Kinzelbach
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„Observationes et curationes Noribergeneses.” The medical practice of Johann Christoph Götz (1688-1733). In: Martin Dinges, Kay Peter Jankrift, Sabine Schlegelmilch, Michael Stolberg (Hrsg.), In the doctor´s office. Medical practice in 17th- to 19th-century Central Europe. Clio Medica 96 (2016): 169-187
Annemarie Kinzelbach, Susanne Grosser, Kay Peter Jankrift, Marion Ruisinger