Typen slavischer Standardsprachen. Theoretische und empirische Untersuchungen von aktuellen Merkmalskorrelationen im Kroatischen und Russischen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt ging von der Annahme aus, dass eine binäre, klassifikatorische Entscheidung, ob ein Idiom eine Standardsprache und ob ein gegebenes Merkmal ausgebaut ist oder nicht, der soziolinguistischen Mannigfaltigkeit des Objektbereichs nicht gerecht wird. Zur Weiterentwicklung der bisher in der Standardologie vorherrschenden klassifikatorischen Begrifflichkeit ging das Projekt von der Theorie der Begriffsformen aus und zeigt, wie durch die Festsetzung von graduierbaren Merkmalen und der Untersuchung der zwischen den Merkmalen bestehenden Korrelationen Standardsprachen als Typen beschrieben werden können. Für die Weiterentwicklung der Standardologie ist dabei insbesondere bedeutsam, dass ein theoretisch und empirisch überprüftes Inventar an Merkmalen und logischen sowie empirischen Korrelationen erstellt werden konnte, das in Form eines nichthierarchischen Modells, eines Tetraeders, erfasst wird. Für die weitere Entwicklung der Standardologie ist des Weiteren von Bedeutung, dass im Projekt sowohl Merkmale der Schöpferseite als auch der Verwenderseite von Standardsprache systematisch gemessen wurden. Im Zentrum der Untersuchungen stand die Frage, wie die in den slavischen Sprachgemeinschaften intensiv diskutierten Tendenzen der Anglisierung und Substandardisierung von der linguistischen Fachöffentlichkeit beschrieben werden (Schöpferperspektive) und inwiefern diese Beschreibungen der korpuslinguistisch abbildbaren Sprachwirklichkeit (Verwenderperspektive) entsprechen. Im Hinblick auf die Schöpferperspektive bildete eine Liste der 50 meistkritisierten Anglizismen und substandardsprachlichen Lexeme samt standardsprachlicher Äquivalente den Ausgangspunkt für die durchgeführten Korpusuntersuchungen – dies jeweils mit Bezug auf die beiden im Projekt ausgewählten Prototypen an Standardsprachen, das Russische und das Kroatische. Die Verwenderperspektive auf die russische bzw. kroatische Standardsprache wurde vornehmlich durch Korpusanalysen von Subkorpora publizistischer Texte aus dem Nacional´nyj korpus russkogo jazyka bzw. dem Hrvatski nacionalni korpus beleuchtet. So konnten Einschätzungen zur Anglisierung und Substandardisierung grundlegend hinterfragt und in mehreren Bereichen korrigiert werden. Aufgrund der umfangreichen theoretischen und empirischen Untersuchungen konnte das Projekt so fundierte Aussagen zur Ausprägung von Standardsprachenmerkmalen sowie zu den zwischen ihnen bestehenden empirischen und logischen Korrelationen machen, so dass die beiden Prototypen des Projekts, Russisch und Kroatisch, insgesamt als Geflechte graduierbarer Merkmale und der zwischen ihnen bestehenden Korrelationen beschrieben werden konnten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Korpuslinguistische Untersuchungen von Standardsprachenmerkmalen. Ein Beitrag zur vergleichenden Standardologie. In: Zeitschrift für Slavische Philologie, 2010, 67/1, 125-161
Wingender, Monika / Barkijević, Ivana / Müller, Daniel
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Typen slavischer Standardsprachen. Theoretische, methodische und empirische Zugänge. Harrassowitz (2013)
Müller, Daniel / Wingender, Monika