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Regularität und Irregularität in der Kasusmorphologie deutscher Sprachinselvarietäten (Russland, Brasilien): intralinguale, interlinguale, typologische Konvergenz

Antragsteller Dr. Peter Rosenberg
Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung von 2008 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 94574134
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Struktur und die Entwicklungsverläufe regulärer und irregulärer Kasusmorphologie in deutschen Sprachinselvarietäten zu beschreiben: Mittels Sprachaufnahmen in deutschen Sprachinseln in Brasilien und Russland in unterschiedlichen Erhebungssettings soll die Kasusmorphologie insbesondere im Pronominalbereich hinsichtlich ihrer Funktionalität, ihrer Distribution, ihres Vorkommens bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten und unterschiedlichen Alters analysiert werden. Von besonderem Interesse ist dabei die Resistenz irregulärer Morphologie in den in Auflösung befindlichen Sprachinseln. Der Kerngedanke des Forschungsprojekts ist, knapp gesagt, die Annahme, dass aus dem Abbau von Sprache ebenso viel zu lernen ist wie aus deren Aufbau (in Form von Standardisierung, Koineisierung usw.), der Gegenstand früherer Forschungen war, nicht zuletzt des großen russischen Dialektologen Viktor M. Schirmunski, der die russlanddeutschen Sprachinseln als ein großes Laboratorium der sprachlichen Konvergenz (i.S. der Koineisierung und des Dialektausgleichs) betrachtete. Der „Grammatikabbau“ in den Sprachinseln verläuft offenbar nicht völlig amorph und „chaotisch“, sondern er folgt bestimmten Regularitäten, er vollzieht sich in bestimmten Bahnen, er ergreift manche Strukturen stärker und andere schwächer und präpariert dabei residuale Strukturen heraus, die „Kernfunktionen“ der Morphologie (etwa hinsichtlich der Kasussemantik) erfüllen. Die Sprachinseln, die Untersuchungsgegenstand dieses Forschungsprojekts sind, gehören zu den sprecherstärksten Sprachinselgebieten des Deutschen weltweit, sie sind gleichwohl – wie die meisten anderen – deutschen Sprachinseln Sprachgemeinschaften in Auflösung oder – um im Bilde zu bleiben – Sprachinseln im Stadium der „Überflutung“. Dies macht den Reiz und die Herausforderung des Projekts aus, die in Erhebungsmethode, Datenaufbereitung und –interpretation zu bedenken waren. Trotz gewisser auf Sprach- und Varietätenkontakt zurückgehender Unterschiede zwischen den Sprachinselvarietäten in Russland und Brasilien und zwischen den niederdeutschen und hochdeutschen Sprachinselvarietäten sind die generellen Tendenzen von einer Uniformität, die Konvergenz als entscheidendes Moment des Kasusabbaus unwahrscheinlich erscheinen lässt. Plausibler scheint eine Erklärung, nach der eine kontaktinduzierte „Erschütterung“ zu einem gerichteten morphologischen Wandel führt, der Vereinfachungen der Kasusmorphologie bewirkt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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