Strukturwandel, Industrie und Politik: Der Maschinenbau in der Bundesrepublik und der DDR von Mitte der 1960er bis Ende der 1980er Jahre
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt untersuchte am Beispiel des Maschinenbaus Verlauf und Wirkungen des industriellen Strukturwandels in der Bundesrepublik und der DDR von Mitte der 1960er bis Ende der 1980er Jahre. Durch die Verknüpfung von quantitativer und qualitativer Wirtschaftsgeschichte sollte es sowohl den Wandel ökonomischer Strukturen als auch das Handeln wirtschaftlicher und politischer Akteure erhellen. Eine Vertiefung auf der Unternehmens- bzw. Betriebsebene stieß dabei allerdings an engere Quellengrenzen als ursprünglich erwartet. Zusammenfassend ist zunächst festzuhalten, dass der bundesdeutsche Maschinenbau seine Stellung als wichtigster industrieller Beschäftigungsträger auch über die lange Investitionsflaute der siebziger und achtziger Jahre hinweg halten konnte, was in erheblichem Maße einer Ausweitung der Exporte und der Direktinvestitionen zu verdanken war. In der DDR blieb die Branche zwar ebenfalls von zentraler Bedeutung für Beschäftigung und Exporte. Bei genauerem Hinsehen verbarg sich jedoch hinter den Produktions- und Umsatzwerten ein Verfall an Wettbewerbsfähigkeit. Für den unterschiedlichen Erfolg der Reaktionen auf die verstärkten technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen nach dem „Wirtschaftswunder“ war letztendlich vor allem die jeweilige Wirtschaftsordnung ursächlich, die im Westen die Unternehmen zu wettbewerbsfähigen Strategien zwang und im Osten die Innovations- und Effizienzdefizite der Betriebe nicht beheben konnte. Jenseits der grundsätzlichen Unterschiede ist jedoch vor allem auf historische kontingente Entwicklungen und Entscheidungen hinzuweisen, die sich erst der qualitativen Analyse erschließen. So gelang die Anpassung des bundesdeutschen Maschinenbaus unter anderem durch die Nutzung staatlicher Technologieförderung, eine gezielte Strategie der Internationalisierung und die Reorganisation der Unternehmen. Der Maschinenbau der DDR hingegen wurde durch die Investitions- und Konsumpolitik der SED-Führung zusätzlich belastet und durch die Bildung von Kombinaten weiter von der internationalen Entwicklung abgeschirmt. Die Arbeitshypothese, dass sich der beschleunigte Strukturwandel seit den 1960er Jahren in beiden Systemen als eine relativ rasche Erschütterung von Erwartungssicherheit und Regelvertrauen niederschlug, ließ sich so dennoch nicht bestätigen. Die Wahrnehmung neuer Herausforderungen und die Reaktionen darauf folgten eher eingespielten Mustern und einer allmählichen Kenntnisnahme struktureller Veränderungen der Wettbewerbslage. Die ersten Jahrzehnte „nach dem Boom“ stellen sich aus der Perspektive dieser Branche daher eher als sukzessiver (in Ost und West unterschiedlich erfolgreicher) Wandel innerhalb von Industriegesellschaften denn als Aufbruch in die „Dienstleistungsgesellschaft“ dar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Krisenreaktionen im Strukturwandel. Der deutsche Maschinenbau in den „langen siebziger Jahren“, in: Jahresbericht des Zentrums für Zeithistorische Forschung 2010 (2011), S. 42-47
Ahrens, Ralf
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Rationalisierungseuphorie und Innovationsschwäche. Industrieroboter im Werkzeugmaschinenkombinat „Fritz Heckert“ um 1980, in: Technikgeschichte 79 (2012), S. 61-77 (Themenheft „Systembedingte Innovationsschwäche und betriebliches Innovationsverhalten in der DDR“, hg. v. Ralf Ahrens und Marcel Boldorf)
Ahrens, Ralf