Ungerechtigkeitssensibilität, Informationsverarbeitung und Verhalten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ungerechtigkeitssensibilität (US) ist eine stabile und über Formen von Ungerechtigkeit generalisierte Persönlichkeitseigenschaft. Den möglichen Perspektiven auf Ungerechtigkeit entsprechend lässt sich US in Opfer-, Beobachter-, Nutznießer- und Tätersensibilität differenzieren. Vor Antragsstellung waren Prozesse der Informationsverarbeitung, die mit Ungerechtigkeitssensibilität einhergehen und zu ihrem tieferen Verständnis beitragen können, weitgehend unbekannt. Auch war erst sporadisch untersucht, unter welchen Bedingungen Reaktionen auf Ungerechtigkeit von Ungerechtigkeitssensibilität abhängen und über welche kognitiven und emotionalen Vermittlungsprozesse sich die Verhaltenswirksamkeit der Ungerechtigkeitssensibilität vollzieht. In diesem Zusammenhang wird von den Autoren ein Mediationsmodell angenommen, das Unterschiede in Prozessen der Informationsverarbeitung als vermittelnde Mechanismen des Einflusses von US auf emotionale Reaktionen auf Ungerechtigkeit und gerechtigkeitsrelevantes Verhalten postuliert. Als übergeordnetes Projektziel galt es somit dieses Mediationsmodell zu überprüfen. In der nun durchlaufenen Projektphase I lag der Fokus hierbei erstens auf der Identifikation von in US involvierten Informationsverarbeitungsprozessen (Aufmerksamkeitslenkung, Interpretation und Enkodierung gerechtigkeitsrelevanter Information). Zweitens wurden Verhaltenswirksamkeit der US sowie vermittelnde Emotionen untersucht. Ziel war darüber hinaus der Nachweis von Perspektivenspezifität sowie der Eigenständigkeit der Verhaltenswirksamkeit bei Kontrolle anderer Persönlichkeitsfaktoren. Mit den in Projektphase I durchgeführten Studien konnte gezeigt werden, dass US mit systematischer Selektivität der Wahrnehmung und Verarbeitung gerechtigkeitsrelevanter Information einhergeht. Ebenso zeigten die Untersuchungen der Projektphase I, dass die vier US-Perspektiven mit spezifischen emotionalen Reaktionen und Verhaltensweisen in ungerechtigkeitsthematischen Situationen einhergehen. Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass die wichtigsten Voraussetzungen für die Testung des Gesamtmodells erfüllt sind. Diese Testung soll in Projektphase II erfolgen. Hierbei sollen beide Forschungsprogramme – (1) in US involvierte Informationsverarbeitungsprozesse und (2) vermittelnde Emotionen und Verhaltenskonsequenzen – zusammengeführt werden, indem die nachgewiesenen Informationsverarbeitungsprozesse und Emotionen als Mediatoren zwischen US und Verhalten modelliert und diese Mediationsmodelle empirisch geprüft werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2009). Justice sensitive interpretations of ambiguous situations. Australian Journal of Psychology, 61, 6-12
Baumert, A. & Schmitt, M.
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(2009). Sensibilität für Ungerechtigkeit. Psychologische Rundschau, 60, 8-22
Schmitt, M., Baumert, A., Fetchenhauer, D., Gollwitzer, M., Rothmund, T. & Schlösser, T.
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(2009). Soziale Gerechtigkeit. In N. Goldschmidt & H. G. Nutzinger (Hrsg.), Vom homo oeconomicus zum homo culturalis − Handlung und Verhalten in der Ökonomie (Kulturelle Ökonomik, Band 8, S. 175- 195). Münster: Lit
Gollwitzer, M., Fetchenhauer, D., Baumert, A., Schlösser, T. & Schmitt, M.
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(2010). Justice Sensitivity, Moral Emotions, and Altruistic Punishment. IACM 23rd Annual Conference Paper
Lotz, S., Baumert, A., Fetchenhauer, D., Gresser, F. & Schlösser, T.
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(2010). The Justice Sensitivity Inventory: Factorial validity, location in the personality facet space, demographic pattern, and normative data. Social Justice Research, 23, 211-238
Schmitt, M., Baumert, A., Gollwitzer, M. & Maes, J.