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Die platonische Ideenlehre der arabischen Philosophie des 13. und 14. Jahrhunderts: Von Suhrawardi zur anonymen Risala fi l-muthul al-aqliyya al-aflatuniyya.

Subject Area Islamic Studies, Arabian Studies, Semitic Studies
Term from 2008 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 77780934
 
Final Report Year 2011

Final Report Abstract

Platons Ideenlehre gehört zu den einflussreichsten Entwürfen der westlichen Philosophiegeschichte. Kaum bekannt ist, dass sie auch in der arabisch-islamischen Philosophie tiefe Spuren hinterlassen hat, die freilich mit der westlichen Problemgeschichte nur ihre Anfangs¬gründe gemein hat. Da den arabisch schreibenden Philosophen keine Übersetzungen der platonischen Dialoge zur Verfügung standen, wurde die erste Phase der Rezeption (9.-11. Jh.) aus indirekten und doktrinal überformten Quellen wie der aristotelischen Ideenkritik, neuplatonischen Theorien noetischer und spiritueller Formen, sowie populärphilosophischen Doxographien gespeist. Nachdem diese Phase mit Avicennas (Ibn Sinas) systematischer Widerlegung dessen, was er für Platons Ideenlehre hielt, zu einem gewissen Abschluss kam, versucht Shihab al-Din al-Suhrawardi (gest. 1191) erstmals, eine eigenständige Doktrin Platonischer Urbilder als Teil seiner systematischen Lichtmetaphysik zu entfalten. In dieser entwirft er eine komplexe emanationistische Hierarchie von luminösen Ur- und Abbildrelationen, unter denen Platoni-sche Urbilder nur eine von vielen Hypostasen bilden, die allesamt in unter¬schiedlicher Hinsicht sowohl als Ur- als auch als Abbild zu denken sind, und in deren kognitivem Zentrum das Konzept der menschlichen Seele als durch sich selbst subsistierendes Licht steht. Suhrawardis Konzeption luminöser Platonischer Urbilder übt einen enormen, lang-anhaltenden Einfluss nicht nur auf die arabisch-islamische Philosophie, sondern auch auf die islamische Theologie und Mystik aus. Für lange Zeit werden Platonische Formen nicht mehr im Kontext der Universalienlehre oder einer dualistischen Theorie von Materie-Form-Komposita diskutiert, sondern als noetische oder himmlische Entitäten gefasst, die es kosmologisch in einer gewissen „Welt der Urbilder“ zu verorten gilt. Erst im 17. Jh. versuchen Mir Damad und insbesondere Mulla Sadra, diese Entwicklung durch ihre Entwürfe zu einer systematischen Harmonisierung von suhrawardischer Lichtmetaphysik und avicenni¬schem Aristotelismus zu überwinden. Die Publikation der Forschungsergebnisse wurde bereits positiv rezensiert (z.B. Revue philosophique de Louvain 110 [2012] 386-8) und in einigen internationalen wissen¬schaft-lichen Veröffentlichungen berücksichtigt und verarbeitet (z.B. Stanford Encyclopedia of Philosophy, Art. „Arabic and Islamic Metaphysics“; A. Treiger, „A Fourteenth-century Arabic Treatise on the Platonic Intellectual Ideas“, in T. Kirby et al. (eds.), Philosophy and the Abrahamic Religions: Scriptural Hermeneutics and Epistemology, Cambridge 2013, 251-76; G. Endress, „Platonizing Aristotle: The Concept of Spiritual (ruhani) as a Keyword of the Platonic Strand in Early Arabic Aristotelianism“, Studia Graeco-Arabica 2 [2012], 265-79).

Publications

  • "Arabisches Mittelalter". In: C. Horn, J. MüUer, J. Söder (eds.), Platon-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Stuttgart: J.B. Metzler, 2009, pp. 439-446
    Arnzen, Rüdiger
  • "Plato Arabus". In: H. Lagerlund (ed.) Encyclopedia of Medieval Philosophy. Springer 2011 (978-1-4020-9728-7 (Print), 978-1-4020-9729-4 (Online), pp. 2012-2016.
    Arnzen, Rüdiger
    (See online at https://dx.doi.org/10.1007/978-1-4020-9729-4_403)
  • 2011. „Platonische Ideen in der arabischen Philosophie. Texte und Materialien zur Begriffsgeschichte von şuwar aflatuniyya und muthul aflatuniyya". (Scientia Graeco-Arabica; 6) Berlin: De Gruyter, 2011, ISBN-10:3-11-025981-8.
    Arnzen, Rüdiger
  • “Plato’s Timaeus in the Arabic Tradition. Legends – Testimonies – Fragments.” In: Francesco Celia, Angela Ulacco (eds.), Il Timeo. Esegesi greche, arabe, latine. (Greco, Arabo, Latino. Le vie del sapere. Studi; 2) Pisa: Pisa University Press 2012, pp. 181-267.
    Arnzen, Rüdiger
 
 

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