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Erweiterung dynamischer Systeme - jenseits der traditionellen Grenze von Vektorräumen

Antragsteller Dr. Thomas Lorenz
Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 74626896
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Kurz gesagt: Differenzialprobleme sollen nicht auf Vektorräume beschrankt bleiben. Gewöhnliche Differenzialgleichungen spielen eine zentrale Rolle in den Naturwissenschaften wie z.B. das zweite Newton’sche Gesetz (über den Zusammenhang zwischen Kraft, Masse und Beschleunigung). Im 20. Jahrhundert ist die Theorie gewohnlicher Differenzialgleichungen vom endlichdimensionalen euklidischen Raum auf (möglicherweise unendlich-dimensionale) Vektorräume erweitert worden und führte zu den sog. Evolutionsgleichungen mit Hilfe von Halbgruppen. Allerdings ist es in vielen Anwendungen schwierig, einen geeigneten normierten Vektorraum anzugeben – ohne dass sich daraus rein konzeptionelle Einschrankungen für das Problem ergeben. Zum Beispiel besitzen “Formen” keine offensichtliche lineare Struktur, wenn wir auf weitere a priori–Annahmen über Regularitat verzichten. Genauer betrachtet sind Formen zunächst einmal “nur” kompakte Teilmengen des euklidischen Raumes. Deshalb hat dieses Projekt das zentrale Ziel, die klassische Theorie gewöhnlicher Differenzialgleichungen jenseits von Vektorraumen zu verallgemeinern. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem wohlgestellten Anfangswertproblem in einem endlichen Zeitintervall. Anders formuliert, entwickeln sich die Zustände hier in einer Grundmenge, die nicht notwendigerweise ein Vektorraum ist, und bestimmen ihre eigene Entwicklung durch ein vorgegebenes “Gesetz” für ihre “Änderungsrate” (d.h. eine Rückkopplung über eine verallgemeinerte Geschwindigkeit). In 1990er Jahren schlug Jean-Pierre Aubin die sog. Mutationsgleichungen in metrischen Räumen vor und konnte so gewöhnliche Differenzialgleichungen mit zeitabhängigen kompakten Teilmengen des Rn koppeln. Sie bildeten den Ausgangspunkt dieses Projektes. Allerdings machen weitere Beispiele schnell deutlich, dass Aubins a priori–Annahmen (über zusatzliche Strukturen des metrischen Raumes) viel zu restriktiv sind. Sie lassen sich z.B. nicht direkt auf die weit verbreiteten semilinearen Evolutionsgleichungen anwenden. Deshalb sind in diesem Projekt sukzessive verschiedenartige Beispiele von Evolutionen mit Rückkopplung untersucht worden. Jedes Beispiel, auf das sich verallgemeinerte Mutationsgleichungen nicht anwenden ließen, diente als Motivation zur erneuten Erweiterung. Dabei soll wohlgemerkt nicht nur irgendein weiteres abstraktes Losungskonzept eingeführt worden, sondern bei jedem Beispiel wurde die Verbindung zu einem verbreiteten Lösungsbegriff (wie klassische, starke, schwache oder milde Lösungen) untersucht. So wurden neue Existenz- und Eindeutigkeitsresultate zu folgenden Beispiele nachgewiesen: – Entwicklung kompakter Teilmengen des Rn mit Anwendung auf Bildsegmentierung – Nukleations- und Wachstumsprozesse (i.Allg. nicht konvexer) stochastischer Mengen – Nichtlokale parabolische Differenzialgleichungen in nichtzylindrischen Gebieten – Nichtlineare Transportgleichung für Radonmaße auf Rn – Strukturiertes Populationsmodell mit Radonmaßen auf [0, ∞] – Stochastische Differenzialgleichungen mit nichtlokalen Abhangigkeiten Insbesondere erlaubt nun diese sog. Mutational Analysis, jede Auswahl von behandelten Beispielen unmittelbar in Systemen zu koppeln. Das eröffnet neue mathematische Hilfsmittel in der Modellierung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • A nonlinear structured population model: Lipschitz continuity of measure-valued solutions with respect to model ingredients, J. Differential Equations 248, no.11 (2010), pp.2703-2735
    P. Gwiazda, Th. Lorenz & A. Marciniak-Czochra
  • Mutational Analysis. A Joint Framework for Cauchy Problems In and Beyond Vector Spaces, Springer Lecture Notes in Mathematics 1996, 509 + xiv Seiten, 2010
    Th. Lorenz
 
 

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