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GRK 1539:  Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens

Fachliche Zuordnung Kunst-, Musik-, Theater- und Medienwissenschaften
Geophysik und Geodäsie
Philosophie
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 73540635
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Kolleg untersuchte Formen und Prozesse der Visualisierung in den Wissenschaften und den Künsten, einschließlich der literarischen Künste und des Designs. Im Unterschied zu einzel­disziplinären Ansätzen verband es geisteswissenschaftliche Reflexion mit mathematisch-naturwissenschaftlicher Analytik und förderte den aktiven Austausch zwischen Theoriearbeit und gestalterischer Praxis. Zwei gemeinsame Fragerichtungen grenzten das Forschungsgebiet ein. Erstens das Problem „visueller Episteme“: Wie wird in Sichtbarmachungen Wissen erzeugt und repräsentiert? Was sind die Bedingungen eines „visuellen Denkens“? Zweitens die Möglichkeiten und Chancen „visueller Reflexivität": Wie werden solche Formen selbst wieder - diskursiv oder künstlerisch-praktisch - sichtbar gemacht und kritisch in Frage gestellt? Ausgehend von diesen Fragen leistete das Kolleg interdisziplinäre Forschung in drei Schwerpunkten: (1) Praktiken der Visualisierung: Der erste Schwerpunkt betraf das Sichtbarmachen als ein situiertes Handeln, die prozesshafte Herstellung von Sichtbarkeit sowie die historisch veränderlichen Dispositive eines solchen Handelns. So wurden Praktiken wie etwa Kontrastbildung, Farbgebung, Materialität, digitale Montage, kognitive Wahmehmungssteuerung durch Medien oder Verfahren der Imagination analysiert. Der Blick auf die Praxis visueller Produktion und ihre Bedingungen erlaubte es, die Zirkulation, Übersetzung oder Archivierung visueller Codes sowie die Diskurse und Instrumente aufzuweisen, deren Zusammenwirken überhaupt erst Sichtbarkeit erzeugt. (2) Wechselverhältnisse zwischen Produktion und Rezeption: Interdependenzen zwischen visueller Konstruktion und Aufmerksamkeit, zwischen Bild und Blick wurden im zweiten Schwerpunkt herausgearbeitet. Grundlage war hier die Verbindung von Produktions- wie Rezeptionsästhetiken mit Studien am Material. Ansätze aus der Psychoanalyse, der Medientheorie oder der Phänomenologie wurden korrigiert und konkretisiert durch die empirische Untersuchung der Produktivität der Wahrnehmung und der historisch und regional unterschiedlichen Produkte, Blickregime, Relevanzen und Gebrauchsweisen, die das Verhältnis von Sichtbarkeit und Sichtbarmachung jeweils anders konstituieren. (3) Entwurfs- und Gestaltungspraktiken: Drittens ging es um das Denken mit Bildern, in Bildern und gegen Bilder in den Wissenschaften und Künsten. Diskurse um Kunst und Künstlerinnen ebenso wie das implizite Wissen in der Gestaltungspraxis verweisen nicht weniger als naturwissenschaftliche Bildpraktiken auf ein visuelles Denken. Sie alle sind an praktischen Problemen der Sichtbarmachung interessiert, unterscheiden sich aber in der Art ihrer visuellen Reflexivität. Während wissenschaftliche Visualisierungen stark auf Wiederholbarkeit beruhen, betonen künstlerische die Singularisierung (z.B. der konkreten Materialien). Die Kunstpraxis macht paradox ihre eigenen visuellen Verfahren und Rahmungen sichtbar und irritiert sie zugleich in ihrer Selbstverständlichkeit. Das Graduiertenkolleg hat im Zusammenwirken zwischen innovativer Forschung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses drei Hochschulen verbunden (Universität Potsdam, Fachhochschule Potsdam, Freie Universität Berlin) und ein Netzwerk nationaler und internationaler Kooperationen aufgebaut. Die Promovierenden konnten zusätzlich zum Studienprogramm und zu Schreibklausuren von einem strukturierten Mentoring profitieren sowie - soweit individuell sinnvoll - von Forschungsaufenthalten im Ausland und Inland (z.B. in Kooperation mit der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart). Das Kolleg entwickelte eigene Veranstaltungstypen wie etwa die „Werkstattbesuche“, die dem Dialog zwischen verschiedenen Disziplinen sowie Theorie und Praxis dienten, oder die insgesamt sechs „Bildkontroversen“, bei denen zwei prominente VertreterInnen bildtheoretischer Positionen an einem kollegsinternen Workshop in Potsdam und an einer anschließenden öffentlichen Diskussion in Berlin teilnahmen. Bei der Konzeption der Veranstaltungen wurden Mitbeteiligung und eigene Ideen der Promovierenden gezielt gefördert. Die Forschung am Kolleg hat sich zusätzlich zu den bisher publizierten Dissertationen in einer Vielzahl von Veröffentlichungen niedergeschlagen. Dabei wurden eigene Publikationen und Herausgeberschaften der Promovierenden mit Publikationszuschüssen gefördert. Neben dem „Handbuch Bild“ erschienen bisher drei Bände der kollegseigenen Schriftenreihe „Sichtbarkeiten“.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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