Rechenschwäche und Dyslexie: Umschriebene Teilleistungsstörungen oder kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Projekts „Rechenschwäche und Dyslexie: Umschriebene Teilleistungsstörungen oder kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten?" wurde der Frage nach der Häufigkeit und Stabilität von insbesondere kombinierten Teilleistungsschwächen nachgegangen. Daneben wurde die Bedeutung von spezifischen Vorläuferfertigkeiten, kognitiven Basisfunktion und Strukturmerkmalen wie des Migrationshintergrunds und der Schichtzugehörigkeit für die Leistungsentwicklung in der Grundschule untersucht und der Zusammenhang mit Verhaltensauffälligkeiten ermittelt. Zunächst konnten wir feststellen, dass sowohl in der 2. als auch in der 4. Klasse ein bedeutsamer Anteil von Kindern, nämlich 2.7 % bzw. 2.8 % eine kombinierte Teilleistungsschwäche aufweist. Dabei ist stets die Abhängigkeit der Prävalenzraten von den angelegten Kriterien, den eingesetzten Erhebungsinstrumenten und der Stichprobe zu berücksichtigen. Weiterhin konnten wir in ersten Analysen feststellen, dass die Leistungen im Lesen, Schreiben und Rechnen über die Zeitspanne von zwei Jahren recht stabil sind. In Bezug aufdie Leistungsprofile zeigte sich, dass besonders Kinder mit kombinierten Leistungsdefiziten von der 2. zur 4. Klasse hin ggf. noch in einem Bereich aufholen können, jedoch nur ein äußerst kleiner Teil dieser Kinder gegen Ende der Grundschulzeit altersgemäße, mindestens durchschnittliche Leistungen erreicht. Ob ein Kind ein schriftsprachliches Defizit aufweist, ließ sich nach unseren Ergebnissen vor allem durch die Ausprägung der phonologischen Bewusstheit vorhersagen, ein mathematisches Defizit war durch die Fähigkeit zur visuell-räumlichen Verarbeitung am besten erklärbar. Des Weiteren konnten wir feststellen, dass der Migrationshintergrund eines Kindes im Rahmen unserer Studie, vor allem im Vergleich zur Schichtzugehörigkeit, einen eher vemachlässigbaren Einfluss auf die Leistungsentwicklung hatte. Eine weitere Analyse erbrachte schließlich, dass bei Kindern mit stabilen kombinierten Leistungsdefiziten, die sowohl in der 2. als auch in der 4. Klasse deutliche Einbußen im Bereich Schriftsprache und Mathematik aufwiesen, nach Einschätzung ihrer Eltem auch häufiger externalisierende Verhaltensauffälligkeiten zu beobachten sind, als dies bei Kindern ohne Leistungsschwächen zu beiden MZP ersichtlich wäre. Diese Befunde deuten daraufhin, dass das Auffreten von kombinierten Teilleistungsschwächen kein Randproblem darstellt und vielmehr eine frühzeitige und entsprechend umfassende Förderung der betroffenen Kinder zur Vorbeugung von manifesten Leistungsschwächen und begleitenden Verhaltensproblemen dringend angezeigt ist. Eine gewisse Überraschung stellte die doch recht selektive Grundgesamtheit von unterfränkischen Schülerinnen und Schülem dar, die die Untersuchung von Teilleistungsschwächen bzw. -störungen im Grundschulalter insofern erschwerte, als die Anzahl an betroffenen Kindern bei Anwendung strenger Diagnosekriterien doch recht gering ausfiel. Es ist anzunehmen, dass sich hier Effekte der besonders in Unterfranken gut etablierten und systematisch durchgeführten Vorschulförderung positiv niederschlagen. Dies zeigte sich nun auch in weiteren aktuellen Studien in der Region Unterfranken.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010). Developmental changes in the acquisition of reading/spelling and math skills. 21st International Biennial Meeting of the International Society for the Study of Behavioural Development (ISSBD) in Lusaka (Zambia)
Schwenck, C., Renner, A., Dummert, F. & Schneider, W.