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Förderung von Transferkompetenz im Chemieunterricht

Fachliche Zuordnung Allgemeines und fachbezogenes Lehren und Lernen
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 63648903
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Kernaufgabe dieses Projekts war das Anwenden von Ergebnissen aus der fachdidaktischen Grundlagenforschung in realitätsnäheren, pädagogisch komplexeren Handlungsfeldern. Die Struktur des Modells wissenschaftlichen Problemlösens, bislang in virtuellen Laboren modelliert, sollte nun in einer Interventionsstudie im Chemieunterricht als Lehrkonzept erprobt werden. Dazu wurde das Modell in „Umgangssprache“ übersetzt (FOPDA) und in curriculare Rahmenvorgaben eingepasst. Inwieweit entsprechende Materialien für Schülerinnen und Schüler ausreichend waren, um das Schema zu erlernen, oder ob die Lehrkraft durch entsprechende Instruktionen einen größeren Effekt erreicht, war dabei eine der zentralen Fragestellungen. Besonders positiv ist die Konstruktion des Instruments zur Erhebung der Transferneigung der Schülerinnen und Schüler durch Analogiebildung zu einer Musterlösung anzuführen. Dieses klärt 20% der Varianz bei der Transferposttestleistung auf. Bislang ist dieses Testinstrument relativ abstrakt gestaltet, jedoch könnte die Konstruktion auch mit curricularen Inhalten oder stärker lebensweltlich kontextualisiert umgesetzt werden Auch eine Weiterentwicklung als Lehrkonzept zur Schulung des Transfers wissenschaftlichen Problemlösens bietet sich an. Durch das direkte und transparente Finden von Analogien zu einer Musterlösung und die explizite Schulung der Variablenkontrolle sind Effekte bereits nachweisbar Weitere Anwendungsaspekte, die sich zusätzlich zu der Weiterentwicklung des Erhebungsinstruments abzeichnen, stellen die entwickelten Unterrichtsreihen dar. Diese sind wesentlich komplexer und umfassen deutlich größere Zeitumfänge, haben jedoch den großen Vorteil, dass sie mit einem theoriebasierten und anhand von Forschungsevidenzen gestützten pädagogisch-didaktischen Rahmenkonzept versehen sind. Besonders hervorzuheben ist hier der videodokumentierte Einsatz der Materialen während des Projektverlaufes. Nur so ist es wissenschaftlich vertretbar, in einem komplexen Gefüge wie dem des Unterrichts die Umsetzung von Lehrkonzepten zu evaluieren. Die Erfahrung zeigt hier, dass ohne diese Begleitung wesentliche Informationen zum Verständnis über die Wirkungsweise verloren gegangen wären. Die Unterrichtsreihen bieten bislang jedoch nur wenige Möglichkeiten zur Differenzierung, sowohl was die inhaltliche, aber auch die methodische Umsetzung betrifft. Dies war dem bisherigen Projektansatz geschuldet und zur Klärung der Forschungsfragen notwendig. Eine Weiterentwicklung mit differenzierenden Materialien, wie zum Beispiel gestuften Lernhilfen, ist für den Einsatz im Unterricht außerhalb eines solchen Projekts sinnvoll. Der Transfer des Problemlöse-Schemas war insgesamt unerwartet gering. Dies kann zum einen auf das Format der Instrumente als Papier-und-Bleistift-Tests zurückzuführen sein. Es mag einigen Schülerinnen und Schülern nicht sinnvoll erschienen sein, einen Versuch zu planen, den sie nicht auch selbst umsetzen konnten. Zum anderen besitzen Schülerinnen und Schüler vor der Intervention bereits Strategien und mussten umlernen, wodurch eventuell geringere Transferleistungen bei der neuen Strategie erreicht wurden. Die Tatsache, dass bisherige Strategien (wie sie z.B. durch Versuchsprotokolle vorgegeben werden) denen des FOPDA-Schemas ähnlich sind, könnte erschwerend auf das Umlernen eingewirkt haben. Tatsächlich lässt sich beobachten, dass die Experimentalgruppen häufiger die neuen Schritte - wie ‚Forschungsfrage stellen‘, ‚Variablen bestimmen‘, ‚Wertetabelle anlegen‘ und ‚Fehleranalyse durchführen‘ - beschrieben als die Kontrollgruppe. Sie stellen dafür weniger häufig eine Hypothese auf, berichten seltener über mögliche Beobachtungen und überlegen seltener, welche Schlussfolgerungen sie aus dem geplanten Versuch ziehen könnten, obwohl sowohl Schülerinnen und Schüler der Experimentalgruppen als auch der Kontrollgruppe diese Schritte als besonders wichtig erachten. Auch war bei einem Teil der Schülerinnen und Schüler der Experimentalgruppen zu beobachten, dass es zur Überlagerung der Schritte „Fragestellung“ und „Hypothese“ kam. Sie nutzten nun den neuen Schritt „Fragestellung“, seltener aber den Schritt „Hypothese“. Die Umstrukturierung bzw. die Integration des neuen Schemas in das alte zum Ende der Intervention war noch nicht vollzogen. Aussagen von Schülerinnen und Schülern untermauern diese These. Auch zeigte sich im Fragebogen zur Schrittnutzung, dass Teilschritte wie das Bestimmen von Variablen oder die Fehleranalyse einem Großteil der Schülerinnen und Schüler weder vor Beginn der Studie bekannt waren noch wichtig schienen. Eventuell liegt der geringe Schematransfer auch darin begründet, dass die Trainingsphase nicht genügend Gelegenheit zur metakognitiven Beschäftigung mit dem FOPDA-Schema bot. Zwar waren im Material der Schülerinnen und Schüler der Experimentalgruppe 2 explizite metakognitive Hinweise, Fragen zur Kontrolle und eine Checkliste für die Umsetzung der Einzelschritte enthalten, diese wurden jedoch von nur einer Lehrerin explizit im Klassenverband genutzt. Die im Material befindlichen Lernfortschrittsbögen zum Strategiewissen wurden von keiner der unterrichtenden Lehrerinnen / keinem der unterrichtenden Lehrer genutzt. Ohne die nötige metakognitive Beschäftigung mit den Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens kann das Konzeptwissen über Problemlösestrategien nicht aufgebaut werden. Mangelndes Konzeptwissen wiederum führt zu mangelhafter Strategieanwendung. Vermutlich hat auch die von Abelson (1981) detektierte „interference“ des Schulumfeldes Einfluss auf den Strategietransfer. Im Gegensatz zu Laborstudien befinden sich die Probanden im regulären Schulumfeld, in dem sie den gewöhnlichen Ablenkungen ausgesetzt sind. Da sich bereits relativ früh im Projektverlauf abzeichnete, dass die Lehrinnen und Lehrer selbst oftmals nur über ein wenig elaboriertes Verständnis des Prozesses des wissenschaftlichen Problemlösens verfügten, waren zusätzlich mehrere Lehrerworkshops notwendig, um sie nicht nur mit dem Material vertraut zu machen, sondern explizit die verfolgten Zielsetzungen zu erläutern. Der dadurch verursachte organisatorische und zeitliche Aufwand belastete den Projektverlauf nicht unerheblich.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Lernstrategien im Unterricht – ein Werkstattbericht. In D. Höttecke (Ed.), Zur Didaktik der Chemie und Physik (pp.170-173). Münster: LIT
    Bley, S. & Tiemann, R.
  • (2011). Fostering transfer of learning in 9th grade chemistry lessons using the scientific method as an example. National Association of Research in Science Teaching (NARST) 2011. Orlando, Florida, USA
    Tiemann, R. & Bley, S.
 
 

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