Analyse der Wirkzusammenhänge von Temperaturfeldern und der erreichbaren Bauteilqualität beim Planfräsen duktiler Werkstoffe
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem durchgeführten Forschungsprojekt stand die Untersuchung der Wirkmechanismen zwischen einer während der Planfräsbearbeitung von Aluminiumwerkstoffen extern aufgebrachten Prozesskühlung und der Bauteilgüte im Fokus der Untersuchungen. Die für diesen Ansatz zu Grunde liegende Arbeitshypothese bestand darin, dass der Effekt des prozessbedingten Fließspannungsabfalls und die damit einhergehende Erhöhung der Verformungsfähigkeit des Werkstoffs durch die Prozesskühlung reduziert werden kann. Die dann resultierende, im Vergleich zur Trockenbearbeitung geringere Verformungsfähigkeit des Werkstoffs sollte hinsichtlich einer Verbesserung der Bearbeitungsgüte ausgenutzt werden. Zur Beschreibung der erreichbaren Bauteilgüte sind, in Bezug auf die Hauptanforderungen an plangefräste Aluminiumbauteile, als wesentliche Größen die Gratbildung, die Oberflächengüte und die Bauteildehnung ausgewählt worden. Darüber hinaus ist die Auswirkung der Kühlung auf die Spanbildung untersucht worden. Die Beschreibung der im Bauteil resultierenden Temperaturfelder konnte unter Verwendung verschiedener Versuchsaufbauten zur Temperaturmessung durchgeführt werden. Die in diesem Forschungsprojekt erarbeiteten Ergebnisse zeigen, dass durch die Prozesskühlung gegenüber der Trockenbearbeitung, die zumeist bei der Planfräsbearbeitung von Aluminiumwerkstoffen verwendet wird, hinsichtlich der Gratbildung und Oberflächengüte der insbesondere die Bearbeitungsgüte verbessert werden kann. Durch die teilweise Kompensation der Auswirkungen der Prozesswärme über die gleichzeitig zum Zerspanprozess aufgebrachte Bauteilkühlung ist eine Beeinflussung der Bearbeitungsgüte möglich. Diese Prozesskühlung ist durch unterschiedliche Kühlmedien und Kühlstrategien realisiert worden, wobei Druckluft und CO2-Schnee zum Einsatz kamen, die durch entsprechende Düsen einerseits ortsfest auf die Werkzeugaustrittskante des Werkstücks und andererseits mit der Vorschubbewegung des Werkzeugs bewegt auf das Werkstück appliziert worden sind. Die Verwendung von CO2-Schnee als Hilfsmedium beim Planfräsen führt bei der vorliegenden Bearbeitungsaufgabe sowohl zu einer Verbesserung der Oberflächengüte als auch zu einer Gratreduzierung. Hier waren die Unterschiede zwischen Trockenbearbeitung und Prozesskühlung mit CO2-Schnee bei der verwendeten Aluminiumknetlegierung stärker ausgeprägt als bei der untersuchten Gusslegierung. Hinsichtlich der Gratbildung ist das günstigste Ergebnis mit einer ortsfesten Kühlung der Austrittskante erzielt worden, wobei die Zuführung des Kühlmediums jedoch keinen Einfluss auf die Oberflächengüte nimmt. Werden auch die Oberflächengüte und die Flexibilität der Prozesskühlung hinsichtlich der Bearbeitung von Bauteilen mit einer komplexeren Gestalt zur Beurteilung der günstigsten Kühlstrategie berücksichtigt, dann weist die mit der Vorschubbewegung des Werkzeugs bewegte Prozesskühlung mit CO2-Schnee deutliche Vorteile auf. Gegenüber der Trockenbearbeitung konnte mit dieser Kühlstrategie ebenfalls eine Gratreduzierung, auch bei einer Schnittwertevariation, erreicht werden. Zudem trat eine Verbesserung der Oberflächengüte auf. Diese Kühlstrategie ermöglicht ebenfalls die Bearbeitung von Bauteilen mit komplexeren Konturen unter Gewährleistung der Kühlung an allen Werkzeugaustrittskanten. Daher ist dieses Konzept im weiteren Verlauf des Projektes ausgewählt und hieran die Variation der Prozessgrößen durchgeführt worden. Gegenüber dem Stand der Technik konnten durch die Erkenntnisse des durchgeführten Projektes Fortschritte erzielt werden. In den bis dato bekannten Arbeiten zur Bauteilgüte beim Planfräsen lag der Fokus der Untersuchungen auf der Identifikation von Einflussgrößen auf die Gratbildung und die Oberflächengüte sowie auf Strategien zur Gratvorhersage und Gratminimierung. Jedoch ist die Temperaturabhängigkeit der Werkstoffeigenschaften in diesen Untersuchungen unberücksichtigt geblieben. Durch die Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften mit Hilfe einer Bauteilkühlung bietet sich ein neues Einsatzfeld zur gezielten Beeinflussung der Bearbeitungsgüte. Ein weiterer Vorteil dieses Ansatzes gegenüber vielen der bereits verfügbaren Strategien zur Gratreduzierung besteht darin, dass auch bei ungünstigen Werkzeugaustrittsverhältnissen eine Gratreduzierung möglich ist. Insbesondere vor dem Hintergrund häufig auftretender industrieller Anwendungen, wie beispielsweise der Planfräsbearbeitung von Zylinderköpfen und Gehäuseteilen, spielt die Methode damit eine wichtige Rolle. Solche Bauteile weisen eine komplexe Gestalt auf und werden zur Reduzierung der Bearbeitungszeiten von Werkzeugen mit großen Durchmessern bearbeitet. Unter Berücksichtigung dieser Randbedingungen lassen sich empfohlene Bearbeitungsstrategien zur Vermeidung ungünstiger Werkzeugaustrittsbedingungen, die die Gratbildung begünstigen, nur teilweise realisieren. Demgegenüber besteht bei der Verwendung der mit der Vorschubbewegung bewegten Prozesskühlung die Möglichkeit, das Kühlmedium ringförmig um das Werkzeug aufzubringen und so den Kühlungseffekt für unterschiedliche Schneidenaustrittswinkel ausnutzen zu können. Aufgrund des erfolgreichen Einsatzes der Prozesskühlung, der an einer Aluminiumknetlegierung und einer Aluminiumgusslegierung nachgewiesen wurde, ist es sinnvoll, in künftigen Arbeiten das Werkstoffspektrum zu erweitern und dadurch weitere Erkenntnisse auch bei der Zerspanung von anderen Werkstoffgruppen zu erarbeiten. Dabei sind insbesondere Werkstoffe von Interesse, bei denen eine prozesstemperaturbedingte Abnahme der Fließspannung während der Bearbeitung sowie eine Festigkeitszunahme bei tiefen Temperaturen auftreten. Von Relevanz sind in diesem Zusammenhang beispielsweise Stahlwerkstoffe, bei denen eine Tieftemperaturversprödung auftritt. Darüber hinaus müssen für eine industrielle Umsetzbarkeit die Kühlvorrichtung optimiert und eine Steuerung entwickelt werden, damit die Kühlung nur bei Bedarf, das heißt bei ungünstigen Austrittsverhältnissen, aufgebracht wird. Durch diese Steuerung sollen der Verbrauch des Kühlmediums und die damit verbundenen Kosten reduziert werden. Ein weiteres mögliches Aufgabenfeld ist die Übertragung der Erkenntnisse auf andere spanende Fertigungsverfahren, um eine Verbesserung der Bearbeitungsgüte zu erzielen. Ein Beispiel hierfür stellt die Kühlung der Werkzeugaustrittsseite zur Gratreduzierung bei der Herstellung von Durchgangsbohrungen dar. Mögliche Anwendungen liegen in der Automobilindustrie bei der Bearbeitung der Dichtflächen von Zylinderkopf und Zylinderkurbelgehäuse sowie bei Gehäuseteilen aus Aluminiumwerkstoffen. Bei diesen Bauteilen bestehen aufgrund ihrer Funktion als Dicht- und Fügeflächen Anforderungen an die Oberflächenqualität und die Kantengestalt, denen durch den realisierten Ansatz ohne kostenintensive Folgeoperationen genügt werden kann.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- CO2-Einsatz in der spanenden Fertigung. Vortrag bei der Tagung „Ökonomischer und ökologischer Einsatz von Kühlschmierstoffen in der Zerspanung, Aachen, 24.-25. Juni 2009
Zabel, A.; Heilmann, M.
- Einfluss von Temperaturfeldern beim Planfräsen von Aluminiumlegierungen – Gekühlt zu höherer Güte. WB Werkstatt und Betrieb 7-8/09 (142). S. 36-39
Biermann, D., Heilmann, M.