Suche nach Supersymmetrie und schweren Higgs-Bosonen in Zerfällen mit Tau-Leptonen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen dieses Emmy Noether-Projekts wurde mit dem ATLAS-Experiment am Large Hadron Collider (LHC) nach neuer Physik in Endzuständen mit Tau-Leptonen gesucht. Das Hauptaugenmerk des Forschungsvorhabens lag auf den Suchen nach Supersymmetrie und schweren Higgs-Bosonen in supersymmetrischen Modellen. Supersymmetrie ist ein vielversprechendes Modell für Physik jenseits des Standardmodells, das viele offenen Fragen des Standardmodells lösen könnte. Darüber hinaus hat die Emmy Noether-Gruppe nach weiteren, noch unbekannten Resonanzen gesucht, z.B. nach schweren Vektorbosonen, die in zwei Tau-Leptonen zerfallen (Z’ → ττ). Nach einer vorbereitenden Phase mit simulierten Daten wurden die Analysen mit den Daten des LHC Run 1 (2010-2012) durchgeführt. Eine wichtiger Teil des Forschungsvorhabens waren die Arbeiten an der Rekonstruktion und Identifizierung von Tau-Leptonen, die für eine erfolgreiche Bearbeitung der Physikanalysen von grundlegender Bedeutung waren. Die Emmy Noether-Gruppe hat sich in vielen Bereichen in die Entwicklung und Validierung der Tau-Rekonstruktion in ATLAS eingebracht. Neben einer Messung der Effizienz und Fehlidentifikationswahrscheinlichkeiten der Tau-Identifikation, Tau-Trigger-Studien sowie Entwicklungsarbeiten an der offiziellen Tau-Rekonstruktionssoftware in ATLAS für die Run 1-Analysen, haben wir durch die Entwicklung eines Energieflussalgorithmus zur Untersuchung der Substruktur der rekonstruierten Tau-Jets auch zukunftsweisende Verbesserungen im Rekonstruktionsalgorithmus für die Run 2-Datennahme vorgenommen. Der Energieflussalgorithmus ermöglicht - zusätzlich zu den Spuren geladener Pionen - eine Rekonstruktion von neutralen Pionen in hadronischen Tau-Zerfällen und erlaubt somit zum ersten Mal eine relativ zuverlässige Klassifizierung der Tau-Zerfallsmoden. Die Entwicklungen zur Tau-Rekonstruktion waren nicht nur für eine erfolgreiche Bearbeitung der Physikanalysen des Emmy Noether-Projekts von grundlegender Bedeutung, sondern sind für alle Analysen mit Tau-Leptonen bei ATLAS relevant. Die Emmy Noether-Gruppe hat die erste inklusive Suche nach Supersymmetrie in einem TauEndzustand am LHC durchgeführt. Es wurden Ereignisse mit einem Tau-Kandidaten, Jets und fehlendem Transversalimpuls selektiert. Da in den Daten keine Anzeichen für neue Physik gefunden werden konnte, wurden beispielhaft Ausschlussgrenzen im GMSB (Gauge Mediated SUSY Breaking) Modell bestimmt, welche eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den existierenden Grenzen vorangegangener Experiment bei LEP und am Tevatron darstellten. Auch die Suche nach schweren Higgs-Bosonen h/H/A → ττ ergab bislang keine Anzeichen für ein Signal. Die Emmy Noether-Gruppe hat signifikante Beiträge zur Analyse von zwei der drei ττ-Zerfallskanäle ("Lepton-Hadron-Kanal" mit einem leptonischen und einem hadronischen Tau-Zerfall und „Hadron-Hadron-Kanal" mit zwei hadronischen Tau-Zerfällen) geliefert. Die erzielten Ausschlussgrenzen in der Higgs-Masse mA und dem SUSY-Parameter tanß sind vergleichbar mit denen des CMS-Experiments. In einer Erweiterung dieser Analyse zur Suche nach schweren Vektorbosonen Z’ → ττ konnten Z'-Bosonen bis zu Massen von 2 TeV im Sequential Standard Model ausgeschlossen werden. Die Emmy Noether-Gruppe war federführend an der Analyse des Kanals mit zwei hadronisch zerfallenden Tau-Leptonen beteiligt, welcher unter den analysierten Kanälen die besten Ausschlussgrenzen lieferte. Diese liegen zwar unterhalb der in den Z’ → ee, μμ Kanälen bei ATLAS und CMS erreichten Massengrenzen aufgrund der schwierigeren Rekonstruktion von Tau-Leptonen, sie sind jedoch ebenfalls sehr interessant, da die Kopplung des Z'-Bosons an die verschiedenen Leptonfamilien nicht universell sein muss. Eine zusätzliche, als Nebenprojekt durchgeführte Suche nach schweren Leptonen/Majorana-Neutrinos in 3-Lepton-Endzuständen im Rahmen eines Seesaw-Modells und eines Modells mit vektorartigen Leptonen führte ebenfalls zu kompetitiven Ausschlussgrenzen auf die Massen der hypothetischen schweren Leptonen. Zusammenfassend hat die Emmy Noether-Gruppe mit den Run 1-Daten des LHC umfassende Analysen von Endzuständen mit Tau-Leptonen durchgeführt und in verschiedenen Modellen für neue Physik interpretiert. Alle durchgeführten Analysen waren die ersten ihrer Art bei ATLAS bzw. am LHC. Leider wurden in keiner der Suchen Anzeichen für neue Physik beobachtet. Mithilfe der durchgeführten Messungen konnte jedoch der Parameterraum für Supersymmetrie sowie anderer Modelle für neue Physik weiter deutlich eingeschränkt werden. Die erzielten ParameterE-inschränkungen sind kompetitiv und stellten zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in den meisten Fällen die weltweit besten Ausschlussgrenzen dar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Measurement of the Mis-identification Probability of tau Leptons from Hadronic Jets and from Electrons, ATLAS-CONF-2011-113 (2011)
ATLAS Collaboration
- Commissioning of the ATLAS Tau-Lepton Reconstruction Using 900 GeV Minimum-Bias Data, ATLAS-CONF-2010-012
ATLAS Collaboration
- Discovery Potential of A/H → τ+τ- → lh in ATLAS, ATL-PHYS-PUB-2010-011 (2010)
ATLAS Collaboration
- Performance of the Reconstruction and Identification of Hadronic Tau Decays with ATLAS, ATLAS-CONF-2011-152 (2011)
ATLAS Collaboration
- Search for neutral MSSM Higgs bosons decaying to τ+τ- pairs in protonproton collisions at √s = 7 TeV with the ATLAS Detector, Phys. Lett. B705 (2011) 174
ATLAS Collaboration
- Search for supersymmetry with jets, missing transverse momentum and at least one hadronically decaying tau lepton in proton-proton collisions at √s = 7 TeV with the ATLAS detector, Phys. Lett. B 714 (2012) 197
ATLAS Collaboration
- A search for high-mass resonances decaying to τ+τ- in pp collisions with √s = 7 TeV with the ATLAS detector, Phys. Lett. B 719 (2013) 242
ATLAS Collaboration
- Identification of the Hadronic Decays of Tau Leptons in 2012 Data with the ATLAS Detector, ATLAS-CONF-2013-064 (2013)
ATLAS Collaboration
- Search for the neutral Higgs bosons of the Minimal Supersymmetric Standard Model in pp collisions at √s = 7 TeV with the ATLAS detector, JHEP02 (2013) 095
ATLAS Collaboration
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/JHEP11(2014)056) - Search for the neutral Higgs bosons oft the Minimal Supersymmetric Standard Model in pp collisions at √s = 8 TeV with the ATLAS detector, JHEP11 (2014) 056
ATLAS Collaboration
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/JHEP11(2014)056)