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Griechische christliche Ostraka: Eine Sammlung und Untersuchung der verstreuten Zeugnisse
Antragsteller
Dr. Andrea Bernini
Fachliche Zuordnung
Griechische und Lateinische Philologie
Alte Geschichte
Religionswissenschaft und Judaistik
Alte Geschichte
Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 550715868
Ziel des Forschungsprojektes ist die Erstellung eines Korpus der griechischen Ostraka, bei welchen es sich um christliche Texte handelt. Die 146 Belege stammen aus Ägypten und datieren zwischen dem 4. und 8. Jahrhundert. Trotz ihrer Menge und Bedeutung sind diese Ostraka nie Gegenstand einer umfassenden papyrologischen Untersuchung gewesen. Hinzu kommt, dass die Editionen der Stücke meist veraltet und nicht zuverlässig sind, zumal in den Lesungen paläographische und praxeologische Aspekte nicht berücksichtigt werden. Das Projekt zielt schließlich darauf ab, für Wissenschaftler*innen unterschiedlicher geisteswissenschaftlicher Disziplinen (Papyrologen, Philologen, Althistoriker, Religionshistoriker, Theologen) ein wertvolles Buch zur Verfügung zu stellen, damit von den griechischen christlichen Ostraka interdisziplinär profitiert werden kann. Grundlegend für das Forschungsvorhaben ist deshalb die Überarbeitung der bereits publizierten Texte in Form einer Neulesung und überdies die Veröffentlichung der bislang unedierten Stücke. Der ekdotische Prozess wird durch die Tatsache erschwert, dass viele Schreiber nur wenig Griechisch, das Koptische hingegen gut beherrschten. Dies äußert sich durch verschiedene Fehler im Text, die meist phonologischer Natur sind, aber häufig auch Morphologie und Syntax betreffen. Zwar wird die Entzifferung der Ostraka durch die besonders kursive Hand des Schreibers und Beschädigungen der Oberflächen erschwert. Jedoch ermöglichen Parallelen unter christlichen Ostraka und biblischen Texte, vorliegende Lücken zu ergänzen. Die nächste Phase des Projekts wird darin bestehen, Texte und Schriftträger im Hinblick auf kulturelle, religiöse und praxeologische Aspekte zu untersuchen. Denn aus historischer Sicht sind griechische christliche Ostraka eine wertvolle Quelle für das Christentum in Ägypten vom 4. bis zum 8. Jahrh. Anhand der überlieferten Texte kann ein Blick auf die auch über Ägypten hinaus verbreiteten religiösen Gedanken (z.B. über die Natur Christi) geworfen werden. Außerdem ermöglicht die Betrachtung der Materialität der Ostraka wichtige Aussagen über die Andachtspraktiken: Christliche Ostraka mit geringer Größe und Zeichnungen dienten als Amulette, die die Gläubigen bei sich tragen oder an einem Ort mit apotropäischer Zielsetzung aufstellen sollten. Größere Schriftträger wurden für Gebete verwendet, die privat oder während religiöser Zeremonien aufgesagt werden sollten. Ostraka konnten auch in Serien verwendet werden, um Auszüge desselben Werks zu sammeln, sodass sie teilweise an ein Buch erinnern. Schließlich ermöglicht die Verortung der Stücke im Produktionskontext – dies ist zumindest für die bei archäologischen Ausgrabungen gefundenen Stücke sicher – die Identifizierung der Gebiete, in denen das Christentum tief verwurzelt war. Die Forschung wird sich auch in der Veröffentlichung von zwei Artikeln mit Editionen und Neueditionen von Ostraka, in zwei Vorträgen und in der Organisation eines Workshops konkretisieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen