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Analogie in der Morphologie - ein Beitrag zum Ausbau analogischer Grammatiktheorie (AdvAnTheMorph)
Antragstellerin
Professorin Dr. Sabine Arndt-Lappe
Fachliche Zuordnung
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 549185879
Wie entscheiden Sprecher:innen, welche Affixe sie verwenden, um neue Wörter und Formen zu bilden, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, und wie sie diese phonetisch realisieren? Produktionsstudien zeigen, dass in solchen Situationen - in der Wortbildung oft 'affix rivalry', in der Flexion oft 'overabundance' genannt - Analogie auf der Grundlage morphologischer Ähnlichkeitsmuster ('paradigmatische Beziehungen') im Mentalen Lexikon eine entscheidende Rolle spielt. Müssen Sprecher:innen beispielsweise ein Affix für ein (neues) Wort auswählen und sind mehrere synonyme Affixe verfügbar, tendieren sie dazu, das Affix mit dem höchsten Support im Mentalen Lexikon zu wählen (z.B. Gardani et al. 2019, Huyghe & Varvara 2023). Parallel gibt es in der Sprachproduktion eine Korrelation zwischen der Stärke paradigmatischen Supports und der phonetischen Realisierung komplexer Wörter (z.B. Kuperman et al. 2007, Zee et al. 2021). Beide Beobachtungen werden häufig als wichtige Evidenz für gebrauchsbasierte linguistische Theorien angeführt, die analogische Mechanismen als zentralen Baustein ihrer grammatischen Architekturen ansehen (z.B. Bybee 2001, Booij 2010, Baayen et al. 2019). Ungeklärt ist jedoch bisher die genaue Natur analogischer Effekte. So werden die Auswahl von Affixen und deren phonetische Realisierung in der Literatur häufig nicht gemeinsam betrachtet, ebensowenig wie entsprechende Phänomene in Derivation und Flexion, sodass insgesamt unklar bleibt, ob den bisher beobachteten, scheinbar parallelen Effekten die gleichen Verarbeitungsmechanismen in der Sprachproduktion zugrunde liegen. Weitgehend ungeklärt ist darüber hinaus, inwieweit es sprecherspezifische Unterschiede bei analogischen Effekten gibt, und inwieweit die Verwendung von Wörtern im Kontext, d.h. ihre Vorkommenswahrscheinlichkeit, eine Auswirkung auf analogische Effekte hat. Die Existenz von beidem, Sprecherspezifik und kontextuellen Effekten, sind jedoch wichtige Vorhersagen gebrauchsbasierter Theorien, die ja die Bedingtheit sprachlicher Phänomene durch Gebrauchskontexte annehmen. Das vorliegende Projekt untersucht Affixauswahl und die phonetische Realisierung komplexer Wörter für zwei exemplarische Phänomene: konkurrierende adjektivische Derivationssuffixe im Englischen, konkurrierende Pluralsuffixe im Niederländischen. Ziel ist es herauszufinden, welchen Einfluss Unterschiede im Wortschatzwissen von Sprechenden einerseits, und die kontextuelle Umgebung und Frequenz von Wörtern andererseits auf analogische Effekte im Mentalen Lexikon haben. Dazu werden einerseits Daten experimentell elizitiert, andererseits spontansprachliche Korpusdaten genutzt. Zentrales Forschungsinstrument ist die algorithmische Modellierung der untersuchten Effekte; dazu wird der bestehende AML-Algorithmus (Skousen et al. 2013) weiterentwickelt. Auf theoretischer Ebene wird das Projekt einen Beitrag zur Weiterentwicklung und Konkretisierung analogiebasierter morphologischer Theorien liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Niederlande
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Professorin Mirjam Ernestus, Ph.D.; Professor Louis ten Ten Bosch, Ph.D.