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Postsäkulare Performances. Kritische Analyse von Machtdynamiken in polito-performatischen Praktiken
Antragsteller
Dr. Christian Kern
Fachliche Zuordnung
Katholische Theologie
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 545972161
Im Netzwerk „Postsäkulare Performances“ analysieren wir performative Praktiken, in denen Menschen politische Streitfragen öffentlich verhandeln und dazu auf religiöse Zeichen und Glaubensüberzeugungen Bezug nehmen. Unser Fokus liegt dabei auf der „performativen“, d.h. non-verbalen Dimension von Inszenierung, Gestaltung und Verkörperung in der politischen Öffentlichkeit. Beispiele dafür sind vielfältig: Vereidigungen von Politiker*innen mit Gottesbezügen; Segnungen von Kriegsmaterial; Straßenproteste oder künstlerische Interventionen mit religiös aufgeladenen Gesten. Die Analyse führen wir mit folgenden Leitfragen durch: Welche impliziten und expliziten Bezüge zu Glaubenstraditionen und -überzeugungen lassen sich in exemplarischen polito-performatischen Praktiken finden? Welche Transzendenzdynamiken zeigen sich in darin? Wie spielen die jeweiligen Bezüge, Transzendenzdynamiken und politische Streitfragen zusammen und wie (re-)produzieren oder verändern sie Machtverhältnisse? Das Forschungsziel des Netzwerks ist, typische Arten und Weisen zu rekonstruieren, wie Akteur*innen in und durch postsäkulare Performances Macht ausüben und gestalten. Angezielt ist keine umfassende Theorie, sondern eine offene Zusammenstellung verschiedener Typen von Machtdynamiken – eine kritische Typologie. Innerhalb der aktuellen Forschung in Theologie und Performance Studies fehlt eine solche Systematisierung und eine differenzierte Analyse von postsäkularen Performances. Bisherige Forschungsansätze arbeiten entweder heraus, wie postsäkulare polito-performatische Praktiken Herrschaftsverhältnisse stabilisieren oder andererseits für unbedingte Offenheit eintreten. Unser Netzwerk zielt differenzierter darauf ab, die zahlreichen Varianten herauszuarbeiten, die wir zwischen diesen beiden Polen vermuten, um sowohl die Vielfalt als auch die Ambivalenz polito-performatischer Praktiken religiöser Prägung sichtbar zu machen. Das Netzwerk ermöglicht interdisziplinäre und internationale Synergien: Forscher*innen sowie Praktiker*innen aus Systematischer und Praktischer Theologie, aus Performance Studies, Performance Philosophy, aus Theaterpädagogik und pastoraler Arbeit sind darin aktiv. Es umfasst gezielt Mitglieder in frühen Karrierephasen, die im Netzwerk internationale Erfahrung sammeln und ihr Kompetenzen multiperspektivisch weiterentwickeln können. In vier Arbeitstreffen im Zeitraum März 2024 bis Mai 2026 entwickelt das Netzwerk erstmals eine systematische kritische Typologie von Machtdynamiken in postsäkularen Performances und erarbeitet eine gemeinsame Buchpublikation, Open-Access-Artikel, sowie eine multi-mediale Online-Dokumentation der Netzwerkarbeit. Mit diesen Forschungsergebnissen bietet das Netzwerk erstmals ein Werkzeug für die theologisch-kritische Analyse von postsäkularen Performances an, die im gesellschaftlichen Strukturwandel derzeit zu wirkmächtigen politischen Aktivitätsformen werden.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke