Die Rolle mesolimbischer Dopamin-Signale bei der Steuerung zielgerichteten Verhaltens der Ratte
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zielgerichtete Handlungen von Mensch und Tier sind erlernt, flexibel und durch zwei Merkmale gekennzeichnet, nämlich durch die Repräsentation des „Werts“ des Handlungsziels sowie der Kontingenz, d.h. des kausalen Zusammenhangs zwischen einer Handlung und dem Erreichen des Ziels. Die Fähigkeit, die kausale Effektivität von Handlungen bzw. deren Veränderung zu erfassen sichert das Überleben in einer sich ständig ändernden Umwelt. Erlernen und Abruf zielgerichteter Handlungen von Mensch und Tier lässt sich mithilfe weitgehend analoger instrumenteller Lernaufgaben untersuchen. Dabei hat sich herausgestellt, dass Präfrontalcortex (PFC), Nucleus accumbens (ACB) und dorsomediales Striatum (DMS) Schlüsselstrukturen eines neuralen Netzwerkes sind, welches zielgerichtete Handlungen steuert. Diese Strukturen erhalten Dopamin-Signale aus dem Mittelhirn, die ein „Vorsagefehler-Signal“ („prediction error“) codieren. Ein solches Signal spielt bei verschiedenen assoziativen Lernvorgängen eine wichtige Rolle und ist ein Schlüsselelement einflussreicher theoretischer Lernkonzepte wie dem Rescorla-Wagner-Modell. Unbekannt war, in welcher Weise die Dopamin-Innervation des PFC, ACB und DMS das Erlernen von Handlungs-Ergebnisassoziationen, welche die Grundlage zielgerichteter Handlungen bilden, unterstützt. Das Ziel meines Vorhabens bestand darin, die Bedeutung von Dopamin-Signalen in corticalen und striatalen Zielgebieten meso(cortico)limbischer Dopamin-Projektionen bei der Steuerung von zielgerichteten Handlungen zu verstehen. Aus unseren Untersuchungen geht hervor, dass Dopamin-Signale im ACB für das Erlernen zielgerichteter Handlungen nicht notwendig sind, sondern Aspekte der Handlungsbereitschaft (Motivation) regulieren. Dopamin-Signale im PFC scheinen ebenfalls nicht zum Erlernen von Handlungs-Ergebnisassoziationen notwendig zu sein, aber das Erlernen von Stimulus- Ergebnis-Beziehungen zu unterstützen, d.h. präfrontale Dopamin-Signale vermitteln assoziative Lernvorgänge, welche belohnungsprädiktive Stimuli betreffen. Auch Dopamin-Signale im DMS sind unseren Messungen zufolge nicht für das Erlernen von Handlungs-Ergebnis-Zusammenhängen notwendig, aber sie unterstützen die Detektion von Änderungen der kausalen Effektivität von Handlungen. Dies beruht auf dopaminerg vermittelten Interaktionen cortico-striataler und hippocampaler Schaltkreise. Schließlich stellten wir fest, dass akuter Stress bei der Ratte, ähnlich wie beim Menschen, die Fähigkeit zielgerichtet und flexibel zu handeln, beeinträchtigt. Ob diese akuten Stresswirkungen durch eine veränderte präfrontale oder striatale Catecholamin-Transmission vermittelt werden, ist noch offen. Insgesamt tragen unsere Arbeiten zu einem vertieften Verständnis der neurobiologischen Grundlagen zielgerichteter Handlungen bei, die bei Tier und Mensch durch weitgehende homologe neurale Netzwerke gesteuert werden. Aus unseren Daten geht hervor, dass der Beitrag von Dopamin-Signalen bei der Steuerung zielgerichteter Handlungen nicht uniform ist, sondern erheblich vom Zielgebiet dopaminerger Projektionen abhängt. So steuern Dopamin- Signale im ACB, nicht im PFC oder DMS, die Handlungsbereitschaft. Unsere Arbeiten zeigen außerdem, dass Dopamin-Signale, möglicherweise durch Übermittlung eines Vorhersage-Fehlers, nur für manche assoziative Lernprozesse notwendig ist. So erhärten unsere Ergebnisse die Auffassung, wonach Dopamin-Signale, zumindest in manchen Zielgebieten dopaminerger Projektionen, für das Erlernen von Stimulus-Ergebnis-Assoziationen beiträgt. Wir fanden allerdings weder im ACB, noch im PFC oder DMS Hinweise für eine Rolle von Dopamin-Signalen beim Erlernen von Handlungs-Ergebnis-Assoziationen, welche die Grundlage zielgerichteter Handlungen bilden. Vielmehr scheinen Dopamin- Signale im DMS Interaktionen zwischen Lern- und Gedächtnissystemen zu vermitteln, welche Änderungen der kausalen Effektivität von zielgerichteten Handlungen erfassen. Die daran beteiligten Dopamin-Signale müssen nicht notwendigerweise phasischer Natur sein und einen Vorhersage- Fehler codieren. Dopamin-Neurone können Information in verschiedenen Zeitfenstern und mittels sowohl schneller als auch langsamer phasischer Signale oder tonischer Signale übertragen (Übersicht s. Schulz, 2007; Hauber, 2010). Die häufig vorgetragene Annahme, Dopamin-Neurone codierten in erster Linie ein für zahlreiche assoziative Lernvorgänge notwendiges, phasisches Lernsignal stellt daher eine nicht zutreffende Generalisierung dar, vielleicht ähnlich wie die Hypothese Dopamin- Signale vermittelten insbesondere „belohnende“ Wirkungen. Diese verkürzte Betrachtung wird den multiplen Funktionen von Dopamin-Signalen in verschiedenen Zielgebieten dopaminerger Projektionen nicht gerecht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2007. Intact discrimination reversal learning but slowed responding to reward-predictive cues after dopamine D1 and D2 receptor blockade in the nucleus accumbens of rats. Psychopharmacology (Berl) 191, 551-566
Calaminus, C., Hauber, W.
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2008. Guidance of instrumental behavior under reversal conditions requires dopamine D1 and D2 receptor activation in the orbitofrontal cortex. Neuroscience 154, 1195-1204
Calaminus, C., Hauber, W.
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2009. Modulation of behavior by expected reward magnitude depends on dopamine in the dorsomedial striatum. Neurotoxicity Res 15, 97-110
Calaminus, C., Hauber, W.
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(2010) Dopamine release in the prefrontal cortex and striatum: Temporal and behavioural aspects. Pharmacopsychiatry, 43:S32-S41
Hauber W.
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2010. Disconnection of the entorhinal cortex and dorsomedial striatum impairs the sensitivity to instrumental contingency degradation. Neuropsychopharmacology 35, 1788-1796
Lex, B., Hauber, W.
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2010. The role of dopamine in the prelimbic cortex and the dorsomedial striatum in instrumental conditioning. Cereb Cortex 20, 873-883
Lex, B., Hauber, W.
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2010. The role of nucleus accumbens dopamine in outcome encoding in instrumental and Pavlovian conditioning. Neurobiol Learn Mem 93, 283-290
Lex, B., Hauber, W.
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2011. The role of dopamine in the dorsomedial striatum in place and response learning. Neuroscience 172, 212-218
Lex, B., Sommer, S., Hauber, W.
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2012. Striatal dopamine depletion in rats produces variable effects on contingency detection: task-related influences. Eur J Neurosci 35, 486-495
Braun, S., Hauber, W.,