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Experimentelle und numerische Untersuchungen zur Tragfähigkeit stählerner Kreiszylinderschalen unter gleichmäßigem Außendruck zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und sicheren Anwendung

Fachliche Zuordnung Konstruktiver Ingenieurbau, Bauinformatik und Baubetrieb
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5453788
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Tragfähigkeit dünnwandiger Schalentragwerke wie Tanks, Silos und Kamine ist ausgesprochen sensitiv gegenüber Abweichungen von den Sollparametern. Aus diesem Grund müssen Imperfektionen zwingend in die Analysen einbezogen werden, um eine sichere Bemessung zu gewährleisten. Wegen des Unikatcharakters der Schalentragwerke des Bauingenieur- und Anlagenwesens sind Experimente kostenaufwendig und schwer verallgemeinerbar. Nur für die Kreiszylinderschale unter Axialdruck existieren ausreichend viele Tragfähigkeitsversuche. Aber auch hier sind oft die Imperfektionen der Versuchskörper nicht dokumentiert, so dass die Korrelation zwischen den Abweichungen von den Sollparametern und der Tragfähigkeitsminderung gegenüber der Tragfähigkeit des perfekten Schalentragwerkes nicht gelingt. Hinzu kommt die Schwierigkeit der experimentellen Ermittlung des Einflusses einzelner Imperfektionsparameter. Insgesamt bestehen gegenwärtig noch erhebliche Kenntnislücken hinsichtlich der Imperfektionssensitivität stählerner Schalentragwerke. Durch die Entwicklung der FE-Methoden und der Rechentechnik ist es inzwischen andererseits möglich, das Tragverhalten stählerner Schalen unter Berücksichtigung geometrischer und werkstofflicher Nichtlinearitäten und Imperfektionen theoretisch zu simulieren. Der Eurocode [EN 1993-1-6, 2007] gibt geometrische Ersatzimperfektionen an, die bei der numerischen Ermittlung des Beulwiderstandes von Zylinderschalen anzusetzen sind. Berechnet man damit die charakteristischen Beullasten, ergeben sich je nach Geometrie selbst für die Basisbeulfälle z.T. erhebliche Differenzen zu den experimentell ermittelten Mindesttragfähigkeiten, was je nach Nachweisverfahren zu einer Bewertung mit unterschiedlichem Sicherheitsniveau führt. Ziel des Vorhabens war es, diese Widersprüche für die Kreiszylinderschale unter Umfangsdruck zu beseitigen. Die Konzentration auf den Basisbeulfall erfolgt deshalb, weil das technische Regelwerk hierfür experimentell gegründete Mindesttragfähigkeiten angibt. Ohne Klärung der angesprochenen Fragen bei den Basisbeulfällen ist es nicht möglich, numerische Untersuchungen zuverlässig auf experimentell nur wenig untersuchte Strukturen und Lastfälle auszudehnen. Besonders starke Differenzen zwischen der experimentell gestützten Mindesttragfähigkeit von Kreiszylinderschalen unter konstantem Umfangsdruck und den bei der numerischen Berechnung anzunehmenden Ersatzimperfektionen bestehen gegenwärtig für geometrisch schlanke Schalen. Eine Auswertung der experimentellen Daten für diesen Geometriebereich zeigt, dass diese Datenbasis sehr unsicher ist. Der genannte Widerspruch kann deshalb sowohl auf unzureichende Imperfektionsannahmen bei der numerischen Tragfähigkeitsberechnung zurückzuführen sein als auch auf des Fehlen zuverlässiger experimenteller Daten. Ein wesentliches Ziel des beantragten Projektes war es, zu klären, ob schlanke Schalen unter Umfangsdruck bei einer numerischen Ermittlung des Beulwiderstandes mit den Imperfektionsannahmen des technischen Regelwerkes gegenwärtig tatsächlich auf der unsicheren Seite bemessen werden und die Ersatzimperfektionen für schlanke Schalen vergrößert werden müssten oder ob schlanke Schalen über eine im Verhältnis zur idealen Beullast größere Tragfähigkeit verfügen und die Abminderungsfaktoren der Normen ggf. in Abhängigkeit von der Schlankheit l/r zu differenzieren sind. Um eine sichere und zugleich wirtschaftliche Anwendung umfangsdruckbeanspruchter Schalen zu gewährleisten, wurden im Projekt sowohl numerische als auch experimentelle Forschungsarbeiten an schlanken Schalen unter Umfangsdruck durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden konsistente Ersatzimperfektionen für Kreiszylinderschalen unter Umfangsdruck entwickelt, d.h. solche Imperfektionen, mit denen beim numerischen Beulsicherheitsnachweis die experimentell gestützten Tragfähigkeiten des Eurocode erhalten werden. Gegenüber dem im Eurocode vorgesehenen Standardfall eigenformaffiner Imperfektionen wurden neue Konzepte entwickelt und zur Anwendungsreife umgesetzt. Statt eigenformaffiner Imperfektionen beeinflussen Imperfektionen, die aus der Versagensform der perfekten Schale gewonnen werden, das Beulverhalten ungünstiger. Aus diesem vom Autor entwickelten Konzept resultiert für die Kreiszylinderschale unter Umfangsdruck eine Imperfektion in Form einer einzelnen Längsvorbeule. Ebenfalls weiterentwickelt wurde innerhalb des Forschungsprojektes die Art der Aufbringung der Imperfektion im numerischen Modell. Üblicherweise werden die Vorverformungen auf der ganzen Fläche vorgegeben. Dies führt jedoch zu Zwängungen, weil die Einprägung der Verformungen nicht dem „natürlichen“ Verformungsverhalten der Schale entspricht, und bewirkt Konvergenzschwierigkeiten bei der numerischen Lösung. Die im Projekt vorgeschlagenen und verwendeten sog. „natürlichen“ Längsvorbeulen, bei denen nur die maximalen Auslenkungen der Vorverformung vorgegeben werden, lösen die bisherigen Widersprüche und Schwierigkeiten. Mit den im Projekt angegebenen konsistenten Ersatzimperfektionen hinsichtlich Form und Größe, werden auch bei der numerischen Simulation die Beulwiderstände des Eurocode erhalten. Die zweite Arbeitsrichtung des Forschungsprojektes befasste sich mit der experimentellen Ermittlung der Beullasten schlanker Zylinderschalen unter Umfangsdruck. Auch hierbei ergaben sich substanziell neue Resultate. Wichtigstes Ergebnis ist eine Abhängigkeit der Tragfähigkeit von der geometrischen Schlankheit, die bisher experimentell noch nicht erfasst wurde und deshalb auch keinen Eingang in die Bemessungsregeln stählernen Schalen gefunden hat. Schlanke Schalen verfügen tatsächlich über eine im Verhältnis zur idealen Beullast höhere Tragfähigkeit als gedrungene Schalen. Erstmals ist weiterhin der Zusammenhang zwischen Vorverformungen und Tragfähigkeit bei Kreiszylinderschalen unter Umfangsdruck für eine große Zahl nominell gleicher Versuchskörper erfasst. Schließlich wurden Fortschritte bei der konsistenten mechanischen Modellierung des Beulverhaltens erzielt. Quasistatische Analysen – eine transiente Analyse unter sehr langsamer Belastungssteigerung – kann das Beulverhalten genauer abbilden als die üblichen statischen Analysen, weil dabei der erhebliche Einfluss der Trägheitskräfte Berücksichtigung findet.

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