Der Effekt von Aufgabenbelastung auf Prozesse des Sprachverstehens
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das vorliegende Projekt untersucht Effekte einer zusätzlichen Aufgabe auf semantische und syntaktische Sprachverstehensprozesse im Deutschen und Spanischen. Ereigniskorrelierte Potentiale, die durch Mittelung aus dem kontinuierlichen EEG extrahiert werden, dienen als Indikatoren dieser sprachlichen Verarbeitungsstufen. Als Indikator semantischer Verarbeitungsprozesse wird die N400 verwendet, die durch Sätze wie Der trinkende Tisch knarrt induziert wird. Indikator syntaktischer Prozesse während des Sprachverstehens ist die LAN (left anterior negativity) sowie die P600, beide Komponenten werden durch Sätze wie Die schöne Mann schläft ausgelöst. In Einfachaufgaben wird getestet, inwieweit das Lesen von Sätzen diese Komponenten tatsächlich induziert. Des weiteren prüfen die Einzelaufgaben, ob ein zeitlich überlappend dargebotener Ton bereits Einfluss auf semantische und syntaktische Prozesse während des Lesens hat. Der zeitliche Überlappungsgrad von Ton und dem Zielwort (Ort der semantischen oder syntaktischen Verletzung) innerhalb des Satzes variiert in drei Stufen, ebenso der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Wörtern. Es ist Aufgabe der Versuchsperson, die Akzeptabilität des Satzes per Handreaktion zu beurteilen. In der Doppelaufgabe soll zusätzlich eine Fußreaktion auf den Ton abgegeben werden (Entscheidung bezüglich der Tonhöhe). Da im Deutschen bereits Studien zum Einfluss von Zusatzaufgaben auf semantische Sprachverstehensprozesse durchgeführt wurden, konzentriert sich das vorliegende Projekt auf den Einfluss einer Zusatzaufgabe auf semantische Prozesse im Spanischen, sowie auf Effekte einer Zusatzaufgabe auf syntaktische Prozesse im Spanischen und im Deutschen. Die Untersuchung zu semantischen Prozessen im Spanischen replizieren den im Deutschen beobachteten Effekt einer zusätzlichen Aufgabe auf diese Prozesse teilweise. Die N400 Komponente ist bei hohem Überlappungsgrad der beiden Aufgaben in ihrer Amplitude reduziert, nicht jedoch in ihrer Latenz verzögert. Frühe syntaktische Verarbeitungsprozesse werden von der zusätzlichen Aufgabe nicht beeinträchtigt, späte Prozesse (Reparatur) werden hingegen verzögert. Diese Effekte sind sowohl im Deutschen als auch im Spanischen zu beobachten. Ein Unterschied zwischen beiden Sprachen, der bereits in der Einfachaufgabe auftritt, ist ein längeres Andauern später syntaktischer Prozesse im Spanischen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2005). Semantic Processing of Unattended Meaning can be Blocked by Additional Task Load: Evidence from Electrophysiology. Cognitive Brain Research, 24, 500-512
Hohlfeld, A., Sommer, W.
- (2006). Accessing Grammatical Gender in German - the Impact of Gender-marking Regularities. Applied Psycholinguistics, 27,127-142
Hohlfeld, A.
- (2006). Semantic Prevalence over Syntax during Sentence Processing: A Brain Potential Study of Noun-Adjective Agreement in Spanish. Brain Research, 1093,178-189
Martin-Loeches, M., Nigbur, R., Casado, P., Hohlfeld, A., Sommer, W.
- (2007). Erfolgt der lexikalische Zugriff autonom? Evidenz aus der Kombination des Doppelaufgaben-Paradigmas mit der Erfassung von EKPs. In: K.F. Wender, S. Mecklenbräuker, G.D, Rey, & T. Wehr. Beiträge zur 49. Tagung experimentell arbeitender Psychologen (S. 337). Lengerich: Pabst
Rabovsky, M., Alvarez, C., Hohlfeld, A. & Sommer, W.