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Historische Stratifizierung des Mande-Gurunsi-Sprachkontakts; Untersuchung soziolinguistischer Muster und normativer Kräfte in den sozialen Netzwerken von Pana und Samo

Fachliche Zuordnung Asienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2004 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5444409
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt konnte zeigen, dass eine Anwendung des Ansatzes der sozialen Netzwerke in afrikanistischen Zusammenhängen möglich und als soziolinguistischer Ansatz viel versprechend ist. Gerade die flexible Bildung der zu berücksichtigenden Parameter und die daraus resultierende Anpassungsfähigkeit erweist sich im hier vorliegenden ethnographischen Kontext als Vorteil. In Bezug auf Sprachwandel und Sprachkontakt liefert der Ansatz tiefere Einsichten in bestehende soziale Verhältnisse als rein quantitative soziologische Ansätze und eröffnet die Möglichkeit der Kontrastierung der Ergebnisse mit anderen akteursbezogenen Modellen. Hinsichtlich der hier am Beispiel linguistischer Innovation abgehandelten Frage nach den Akteuren von Wandel und Kontinuität ergeben sich interessante Unterschiede zu den bisher vornehmlich an westlichen Gesellschaften orientierten Untersuchungen. Während soziale Bindung und die daraus resultierende normative Kontrolle in dem hier untersuchten Zusammenhang ähnlich wirken wie in den bisher untersuchten, sind doch die Kriterien für die Zentralität eines Akteurs anders gelagert. In westlichen Gesellschaften wurden meist mobile Akteure als wenig zentral, dadurch eher als von der Gruppennorm unabhängig gesehen und so zu prototypischen Innovatoren stilisiert. In den hier im Fokus stehenden Kulturen, deren soziale Netzwerke stark über verwandtschaftliche Bande strukturiert sind, zeigt sich, dass hohe Mobilität nicht gegen Zentralität im Netzwerk spricht. Dies ist nur im Zusammenhang mit einer weit verstreuten Familie und der daraus resultierenden Notwendigkeit und Bereitschaft zu vergleichsweise starker Mobilität zu erklären. Die generell erhöhte Mobilität der hier untersuchten Gesellschaften zeigt auch, dass normative Strukturen dadurch nicht zwangsläufig im Nachteil sind, wenn es um Normerhalt und/oder Innovation geht. Zum Zusammengang von linguistischer Innovation und den Eigenschaften sozialer Netzwerke ist bezüglich der konkreten soziolinguistischen Fragestellungen festzustellen, dass die untersuchten Sprachgemeinschaften zum einen durch ständige Innovationen gekennzeichnet sind und daher zu starker Variation neigen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass in diesen Sozialstrukturen von absolut höheren Innovationsraten für Sprachen solcher Sprechergruppen auszugehen ist. Andererseits gilt auch, dass trotz relativ loser Netzwerke ein normatives Bewusstsein besteht, das mit rein funktionalen Faktoren nicht zu erklären ist. Rein rollenbasierte Erklärungen von Sprachwandel durch einzelne Innovatoren scheint der interaktionalen Dynamik und Komplexität nicht gerecht zu werden. Hier bietet es sich an, die sozialpsychologisch basierten Ansätze zur Modellierung von Sprachkontaktphänomenen stärker mit empirisch erhobenen Angaben der Sprecher zu Sprachideologien und Sprechereinstellung in Verbindung zu bringen. Schließlich ist festzuhalten, dass die hier erzielten soziolinguistischen und historischvergleichenden Ergebnisse in einem Szenario miteinander in Beziehung gesetzt werden konnten. Somit erweist sich die hier gewählte Forschungsstrategie der Verbindung von synchronen soziolinguistischen Untersuchungen mit historischen Fragestellungen für die historische Soziolinguistik im afrikanistischen Kontext als Erfolg versprechend.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2009. Areal features and language contact: The Volta Basin as a linguistic convergence area? In: Peter Zima (Hrsg.), The Verb and Related Areal Features in West Africa, S. 204-233. München: Lincom
    Schreiber, Henning
  • 2009. Social networks, linguistic variation and micro-change in an African context. A case study in the borderland of Mali and Burkina Faso. In: Wilhelm J.G. Möhlig, Frank Seidel und Marc Seifert (Hrsg.), Language Contact, Language Change and History Based on Language Sources in Africa, Sprache und Geschichte in Afrika (20), S. 209-230 Köln: Rüdiger Köppe Verlag
    Schreiber, Henning
 
 

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