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Multisensorische Wahrnehmung des Seehunds (Phoca vitulina)
Antragstellerin
Professorin Dr. Frederike Diana Hanke
Fachliche Zuordnung
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 544171290
Komplexe Verhaltensweisen wie Futtersuche oder Orientierung/Navigation sind in der Regel multimodal, d.h. ihnen liegen (meist) Informationen von verschiedenen Sinnessystemen zugrunde. Diese Informationen laufen im Gehirn zusammen und werden integriert (oder segregiert). Bisherige experimentelle Ansätze zur Erklärung von komplexem Verhalten von Meeressäugern haben zumeist jedoch nur eine uni- und keine multimodale Perspektive eingenommen und multisensorische Phänomene wurden nicht explizit untersucht. Multisensorische Integration ist in Bezug auf einen Meeressäuger jedoch ein sehr reizvolles Forschungsgebiet. Es ist denkbar, dass schwache sensorische Reize, die unter Wasser durchaus häufig auftreten, integriert und damit zu einer verbesserten/verstärkten Wahrnehmung führen können. Multisensorische Integration ermöglicht auch Flexibilität im Umgang mit sensorischer Information. Diese Flexibilität erscheint für einen Organismus, der sich stetig veränderndem sensorischen Input unterschiedlichster Verlässlichkeit konfrontiert sieht, essentiell. Als erste, basale Ansätze zur Untersuchung von multisensorischen Phänomenen bei einem Meeressäuger, dem Seehund, schlagen wir drei Verhaltensexperimente vor: Zuerst soll in einem Wahl-nach-Muster-Experiment (Exp.1) geprüft werden, ob ein Seehund ein Objekt, welches es haptisch wahrgenommen hat, mit seinem visuellen Erscheinungsbild in Verbindung bringen kann, was voraussetzen würde, dass die Informationen der Sinnesmodalitäten auf Wahrnehmungsebene zusammengeführt werden. Dieser cross-modale Ansatz ermöglicht einen fließenden Übergang von uni- zu multimodalen Forschungsansätzen. Des Weiteren soll untersucht werden, ob eine multimodale im Vergleich zu einer unimodalen Reizpräsentation zu quantitativen (Unterschiede in der Lerngeschwindigkeit, der Präzision des Antwortverhaltens sowie der Reaktionsgeschwindigkeit; Exp.2) bzw. qualitativen Unterschieden (visuelle Illusion hervorgerufen durch einen akustischen Reiz; Exp.3) führt. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit den in diesem Projektantrag skizzierten Studien erste, richtungsweisende Schritte hin zu einem ganzheitlichen Verständnis von sensorischer Wahrnehmung des Seehunds im Kontext von komplexen Verhaltensweisen auf Ebene des Verhaltens machen werden. Diese Untersuchungen werden offenbaren, ob fundamentale Prinzipien der multisensorischen Integration, wie sie bei anderen Organismen beschrieben wurden, auch beim Seehund greifen oder ob mit der Anpassung an eine (semi-)aquatische Lebensweise nicht nur eine Anpassung der Sensorik allgemein, sondern auch der mulitsensorischen Verarbeitung einherging. Damit werden die erzielten Erkenntnisse allgemein das Verständnis multisensorischer Wahrnehmung – jenseits der Meeressäuger – erweitern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen