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Die Bewährung von Paarbeziehungen in der Bewältigung des Alltags. Zu Struktur und Entwicklung der partnerschaftlichen Kooperation in Hausarbeit, Erwerbsarbeit und Kinderfürsorge

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5439414
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte die Bedeutung der alltagspraktischen Kooperation in Haushalt, Erwerbsarbeit und Kinderfürsorge für heutige Paarbeziehungen. Zu diesem Zweck befragten wir 20 Paaren, deren jüngstes Kind seit kurzem den Kindergarten besuchte. Die Interviews wurden offen geführt, d.h. sie lehnten sich in ihrer Struktur an alltägliche Gespräche an; thematisch umfassten sie die Geschichte der Beziehung, die Arbeitsteilung des Paares, ihre Entwicklung, ihre Probleme. Die Interviews wurden vollständig verschriftet und in unterschiedlichem Umfang sequenzanalytisch (objektive Hermeneutik) interpretiert. Zu den wesentlichen Ergebnissen des Projektes gehören: 1.) Die Rekonstruktion (in exemplarischen Fällen) der Entwicklung der Arbeitsteilung im Beziehungsverlauf und die Identitfikation relevanter Strukturmomente. 2.) Dabei ließ sich zeigen, dass die Arbeitsteilung nicht allein von externen Bedingungen (z.B. Arbeitsmarkt, Wohnsituation, Einrichtungen der Kinderbetreuung) oder je individuellen Neigungen (z.B. die Hausarbeit betreffend), Orientierungen (z.B. Gleichheit oder Geschlechterdifferenzierungen) und Ressourcen (z.B. Beruf, Bildung) abhängt. Vielmehr stellt die Beziehungsdynamik, d.h. die sich schon vor der Gründung eines gemeinsamen Haushaltes entwickelnde Beziehungsstruktur, eine eigenständige Ebene der Strukturierung dar. 3.) Ihr Einfluss betrifft insbesondere den Grad, in dem es den Paaren gelingt, dass ihre Arbeitsteilung Ausdruck eines "gemeinsamen Kooperationsmodus" wird, eines geteilten Sets von Überzeugungen, die wie in einer ungeschriebenen Verfassung des Paares die Standards und Zuständigkeiten der alltagspraktischen Kooperation bestimmen. Der gemeinsame Kooperationsmodus stellt ein entscheidendes, intrinsisches Kriterium des Gelingens der Beziehung in dieser Phase ihrer Entwicklung dar. Beziehungen, die ihm nicht entsprechen, die in je eigenen "Welten" oder nach je eigenen Standards des Handelns leben, weisen in der Regel ein erhebliches Konfliktpotential auf. 4.) Der Aspekt der Gemeinsamkeit ließ sich genauer fassen als eine höchst anspruchsvolle Form der Solidarität, die anscheinend kennzeichnend für Paar- und Familienbeziehungen generell ist. Sie lässt sich in die Formel bringen, dass die Handlungsprobleme des einen immer auch die Handlungsprobleme des anderen sind, und vice versa. Der Kooperationsmodus entsteht im gelingenden Fall aus dieser Solidarität heraus, die er in der Folge zum Ausdruck bringt. 5.) Es ließen sich Beziehungsdynamiken rekonstruieren, die einer entsprechenden solidarischen Praxis und damit auch der Entwicklung eines gemeinsamen Kooperationsmodus entgegen standen. In diesem Zusammenhang konnten auch neue Konstellationen herausgearbeitet werden, die die gesamtgesellschaftliche Persistenz einer äußerlich "traditionellen" Arbeitsteilung (auch bei grundsätzlich egalitär orientierten Paaren) mit erklären helfen. 6.) Als ein strukturelles Problem für das Gelingen der alltagspraktischen Kooperation erwies sich der Beruf, genauer die Berufsorientierung. Dieser Aspekt ist relativ unabhängig von externen Bedingungen wie Arbeitszeitregelungen oder Flexibilitätszumutungen und hängt mit der für die Moderne kennzeichnenden grundsätzlich individuellen Zurechnung von beruflicher Kompetenz, Einkommen, Status und Anerkennung zusammen, die eine solidarische Betrachtung der beruflichen Karrieren der beiden Partner erschwert. Die Probleme scheinen dort gesteigert zu sein, wo eine hochgradige biographische Sinnaufladung der beruflichen Karriere vorliegt (z.B. erhebliche individuelle Investitionen in die Ausbildung, starke individuelle Sachbindung, ausgeprägte Karriereorientierung). Unter diesen Bedingungen erscheint es besonders schwer zu sein, eine Orientierung zu verwirklichen, nach der die berufliche Karriere des einen immer auch die des anderen ist, und vice versa.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Maiwald, Kai-Olaf (2006): Rezension: Johannes J. Huinink, H. Karl Alexander Röhler, Liebe und Arbeit in Paarbeziehungen. Zur Erklärung geschlechtstypischer Arbeitsteilung in nichtehelichen und ehelichen Lebensgemeinschaften, Würzburg: Ergon 2005. In: sozialer sinn 1/2006,5. 171-177.

  • Maiwald, Kai-Olaf (2007): Freiheit gegen Hausarbeit. Ungleichheitsstrukturen in modernen Paarbeziehungen. In: WestEnd - Neue Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg., 2/2007, S. SSSS.

  • Maiwald, Kai-Olaf (2007b): Die Liebe und der häusliche Alltag. Überlegungen zu Anerkennungsstrukturen in Paarbeziehungen. In: Christine Wimbauer; Annette Henninger; Markus Gottwald (Hrsg.), Die Gesellschaft als "institutionalisierte Anerkennungsordnung" - Anerkennung und Ungleichheit in Paarbeziehungen, Arbeitsorganisationen und Sozialstaat. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich, S. 69-95,

 
 

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