Detailseite
Politische Führungseliten im Kontext von Herrschafts- und Religionswechsel: Transkulturelle Perspektiven (ca. 500–1600)
Antragsteller
Dr. Eric Böhme
Fachliche Zuordnung
Mittelalterliche Geschichte
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 543670315
Aufbauend auf der in der Mediävistik und benachbarten Disziplinen sehr produktiven Forschungsdiskussion zu den Phänomenen „Herrschaftswechsel“, „Eroberungsprozesse“ und „Elitengruppen“ wird das Netzwerk einen bisher weitgehend vernachlässigten Untersuchungsgegenstand in den Blick nehmen, der diese miteinander verknüpft. Als Untersuchungsräume dienen Herrschaftssysteme, die durch Herrschaftswechsel in Folge von Eroberungsprozessen in besonders disruptive Krisen- und Umbruchsituationen gerieten. Die besondere Disruptivität des Umbruchs wird in den zu behandelnden Fällen durch den unmittelbar oder mittelfristig erfolgenden Wechsel der politisch dominanten Religion konstituiert. Die durch den Herrschaftswechsel und seine Nachwirkungen verursachten Konstellationsverschiebungen auf der Makro-Ebene bilden aber lediglich den stets mitzudenkenden Rahmen für das eigentliche Zentrum der Analyse: politische Führungseliten, also Elitengruppen, die über konkrete politische Handlungsmacht innerhalb des im Umbruch befindlichen Herrschaftssystems verfügten, und ihre Handlungsspielräume im Kontext des Herrschafts- und Religionswechsels, seiner Anbahnung, seinem Verlauf und seinen Nachwirkungen. In einem konsensualen Verständnis von Herrschaft ist konkret danach zu fragen, ob und in welcher Form sie mit den neuen Herrschaftsträgern und deren nachgeordneten, nun in das eroberte Gebiet immigrierenden Eliten in Kommunikations-, Interaktions- und Aushandlungsprozesse traten und welchen Einfluss der Wechsel der politisch dominierenden Religion darauf hatte. Um die Vergleichbarkeit der zu untersuchenden Fallstudien zu gewährleisten, erfolgt die Analyse nach einem konkreten Raster von Kriterien und Kernfragen, die in drei Teilbereiche gegliedert sind: (a) die Ausgangslage vor dem Herrschaftswechsel, (b) Interaktionsprozesse während des Herrschaftswechsels und (c) die Weiterentwicklung der Lage nach dem Herrschaftswechsel. Im Rahmen des dezidiert interdisziplinär angelegten Netzwerkprojektes soll in gemeinschaftlicher Arbeit aller Netzwerkmitglieder eine Monographie erarbeitet werden, die den methodischen Ansatz in einer breiten Auswahl von 14 Fallstudien erprobt und die Ergebnisse der Einzelanalysen in vergleichende Perspektiven rückt. Die Bandbreite der Fallstudien ist dabei in mehrfacher Hinsicht zu verstehen: chronologisch umfassen die behandelten Beispiele den Zeitraum zwischen dem Frühmittelalter und der beginnenden Frühneuzeit (500–1600); die geographische Perspektive nimmt neben dem Euromediterraneum auch Beispiele aus Mittelamerika, Nordafrika sowie Zentral-, Süd- und Ostasien in den Blick. Eine solche transkulturelle und exemplarisch globalhistorische Perspektive auf das „mittelalterliche“ Jahrtausend trägt der Tatsache Rechnung, dass die zu untersuchenden Phänomene keineswegs auf das Euromediterraneum beschränkt waren, sondern überall da beobachtet werden können, wo Gesellschaften durch Herrschafts- und Religionswechsel im Umbruchssituationen gerieten.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke