Praktische Anthropologie für ein utopisches Ziel: Das Netzwerk der Illuminaten in der `zweiten anthropologischen Wende` der Aufklärung. Edition und Darstellung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Projektarbeit hatte zwei Schwerpunkte, einerseits die Fortsetzung der Edition zur Ordenskorrespondenz des Geheimbunds der Illuminaten (1776-1784/87) sowie die Bearbeitung des Mitgliederverzeichnisses dieser politischen Sozietät der Spätaufklärung. Andererseits sollten Auswertungen des Materials vorgenommen werden, wobei thematisch die Netzwerkkontexte und die praktische Menschenführung im Orden im Mittelpunkt stehen sollten, die illuminatische Utopie also im Horizont anthropologischer Projektionen. Im Berichtszeitraum konnte der erste Band der Edition in Druck gegeben und die Arbeit am zweiten Band weitgehend abgeschlossen werden. Neue Quellenfunde ließen es ratsam erscheinen, Band 1 auf die Briefe von 1776 bis 1781, Band 2 auf die Briefe von Januar 1782 bis Juli 1783 zu beschränken. Die Resonanz auf die Publikation der frühen Korrespondenzen ist sowohl in den Rezensionen der Fachwissenschaft wie in den Kommentaren einer breiteren Publizistik durchweg positiv. Die Publikation des zweiten Korrespondenzbandes, der in die Schwerpunktzeit der Entfaltung von Ordensaktivitäten hineinführt, ist vorgesehen. Die Arbeit am Mitgliederverzeichnis ist soweit vorangekommen, wie es der Stand der Quellenbearbeitung erlaubt. Dabei zeigte sich, dass die Recherchen keineswegs nur bisher unbekannte Illuminaten zutage fördern, sondern es darüber hinaus erlauben, den bisher dokumentierten Stand der Mitgliedschaften kritisch zu hinterfragen - so wird die Prosopographie des Ordens nicht nur erweitert, sondern auch von Fehlern befreit, die zeitgenössisch fingierten Ordenslisten entstammen. Die Projektleiterin und die beiden Projektmitarbeiter Hermann Schüttler und Reinhard Markner haben in Vorträgen, Aufsätzen und Lexikonartikeln erste Forschungsergebnisse aus der Analyse des dokumentierten Materials vorgestellt. Utopieorientierte Planung und die Frage nach Strukturen, Themen und Inhalten 'aufgeklärten Wissens' standen dabei im Mittelpunkt. Die Untersuchungen zeigen vor allem, dass die Antwort auf diese Frage nicht als ein eindimensional-statisches Modell verstanden werden darf - 'Wissen' im Sinne der Illuminaten wurde nach den jeweiligen Konstellationen und personellen Konfigurationen im Orden immer wieder neu ausgehandelt und in der Rezeption durch das Gesamtnetzwerk überprüft.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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"... you shall not reveal any pairt of what you shall hear or see ..." Geheimnis und Öffentlichkeit in masonischen Systemen des 18. Jahrhunderts. In: Michael Bergunder/Daniel Cyranka (Hgg.): Esoterik und Christentum. Religionsgeschichtliche und theologische Perspektiven, Leipzig 2005, S. 11-29; In: Quatuor Coronati. Jahrbuch der Freimaurerischen Forschungsgesellschaft 43 (2006), S. 279-294
Monika Neugebauer-Wölk
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Die Korrespondenz des Illuminatenordens, Bd. 1: 1776 - 1781. Tübingen 2005
Reinhard Markner, Monika Neugebauer-Wölk, Hermann Schüttler
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Einleitung: Zur historischen Einführung. Zur Überlieferungsgeschichte. In: R. Markner, M. Neugebauer-Wölk, H. Schüttler (Hgg.): Die Korrespondenz des Illuminatenordens, Bd. 1, Tübingen 2005, S. XI-XLIV
Reinhard Markner
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Illuminaten. In: Wouter Hanegraaff (Hg.): Dictionary of Gnosis & Western Esotericism, Bd. 2, Leiden - Boston 2005, S. 590-597
Monika Neugebauer-Wölk
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Wege ins Elysium. Einige ausgewählte Briefe aus dem Jahre 1780 - Zur Neuerscheinung des ersten Bandes der "Korrespondenz des Illuminatenordens". In: Quatuor Coronati. Jahrbuch der Freimaurerischen Forschungsgesellschaft 42 (2005), S. 355-378
Hermann Schüttler, Grit Neugebauer
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Illuminaten. In: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Stuttgart - Weimar 2007, Sp. 789-792
Reinhard Markner