Erstellung und Verifizierung eines Modells zur Beschreibung der Vorgänge beim Trockeneisstrahlen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Trockeneisstrahlen ist ein vergleichsweise junges Verfahren zum Reinigen und Ab-tragen. Der Prozess ist durch die Besonderheiten des Strahlmediums charakterisiert. Das verwendete feste Kohlendioxid ist duktil und sublimiert während des Strahlprozesses. Die-se besonderen Eigenschaften des Verfahrens und die damit verbundenen Vorteile haben dazu geführt, dass sich das Verfahren in einigen Bereichen bereits durchgesetzt hat. Der weiteren Verbreitung der Technologie steht bisher das unzureichende Grundlagenwissen über das Zusammenspiel von Abtragmechanismen und Materialeigenschaften entgegen. Ziel des Vorhabens ist daher, durch die detaillierte Beschreibung der Prozessmechanismen eine wissensbasierte Vorhersage der Abtragergebnisse und eine systematische Erweiterung des Einsatzbereiches und Steigerung der Prozess-effizienz zu erreichen. Die Prozessmechanismen beim Trockeneisstrahlen werden in einem Modell beschrieben. Das Modell wird hinsichtlich der Realisierung der beiden oben genannten Ziele untersucht. Folgerungen aus der Untersuchung des Modells werden im zweiten Teil des Projektes experimentell untersucht und das Modell verifiziert. Die Experimente können unterteilt wer-den in Grundlagenversuche, in denen der direkte Einfluss der Belastung des Werkstücks durch den Trockeneisstrahl gemessen wird (z.B. Schwingungs-, Schall- und akustische Emissions-Messungen (AE)) und in Abtragversuche, in denen der Einfluss der Prozessparameter auf das Abtragergebnis untersucht wird. Aus dem Modell werden Ansätze zur thermischen Steigerung der Prozesseffizienz unter-sucht und in Form von Hybridprozessen umgesetzt. Zur Steigerung der thermischen Spannungen wird das Transportgas teilweise durch kryogenen Stickstoff ersetzt oder im Fall der zusätzlichen Erwärmung durch nicht gasströmungsgebundene Wärmequellen, wie einer speziellen Xenon-Bogenlampe und induktiver Erwärmung eine Erhöhung der Temperaturdifferenzen erzielt. Die Erkenntnisse aus der Signalanalyse der Schwingungs-, Schall- und AE-Messungen sollen zu einer online Prozessüberwachung und -steuerung des automatisierten Trockeneisstrahlbetriebs erweitert werden. Auf Basis der Prozessbeschreibung stellte sich das Risskriterium als Möglichkeit heraus, um Materialien anhand Ihrer Stoffkennwerte für eine Bearbeitung mit dem Trockeneis-Strahlverfahren zu beurteilen. Dabei ist eine qualitative Beurteilung möglich, um Aussagen darüber zu treffen, ob ein Material durch den Prozess bearbeitet werden kann. Weiterhin ist es bei den untersuchten Materialien möglich, eine Abschätzung der erreichbaren. Abtragleistung zu ermitteln, da der Kennwert des Risskriteriums für das Material in Relation zu der möglichen Abtragleistung steht. Durch die Entwicklung einer Strahldüse mit angepasster Düsengeometrie konnte die Abtragleistung bei den untersuchten Materialien deutlich gesteigert werden. Die Düse wurde durch einen vergrößerten Austrittsquerschnitt und Auslegung der Innengeometrie, durch Berechnung sowie Simulation, an den maximalen Strahldruck und Trockeneismassen-strom der Trockeneisstrahlanlage angepasst. Durch die Verwendung der induktiven Erwärmung in Kombination mit dem Trockeneisstrahlprozess konnte die Abtragleistung bei organischen Beschichtungen auf metallischen Substraten bis auf den sechsfachen Wert gesteigert werden. Damit wurde für praktische Anwendungen eine ökonomische Alternative zum Trockeneis-Laserstrahl-Hybridprozess entwickelt. Die thermische Leistung von Xenon Bogenlampen ist hingegen zu gering, um die thermischen Spannungen nennenswert zu erhöhen. Ebenso führt eine Unterkühlung des Trockeneisstrahles mit flüssigem Stickstoff zu keiner Erhöhung der Abtragleistung. Mit Hilfe der Schwingungsanalyse konnte gezeigt werden, dass zwei verschiedene Arten der Prozessüberwachung möglich sind. Zum einen ermöglicht ein Sensor, der direkt an die Strahldüse adaptiert wird, die Detektion der Kollisionen von Trockeneis-Pellets mit der Innenkontur der Strahldüse. Dies ermöglicht eine Überwachung des Trockeneismassen-stroms, was gerade für den automatisierten Anlagenbetrieb wichtig ist. Darüber hinaus kann diese Analysemethode zur Beurteilung der Strahldüsenqualität verwendet werden, da bei vielen Kollisionen die kinetische Energie der Pellets reduziert wird und somit die Abtragleistung sinkt. Eine weitere Möglichkeit zur Prozessüberwachung ist die Verwendung von vier auf dem Werkstück platzierten Schallemissionsaufnehmern. Durch die Auswertung der Laufzeitunterschiede zwischen den Signalen beim Aufprall der Pellets ist es möglich, den Aufprallort zu lokalisieren. Es ist neben der Bestimmung der Intensität und Häufigkeit der Ereignisse auch eine Zuordnung der Position realisierbar. Diese Ortung konnte auch für komplexere dreidimensionale Oberflächen umgesetzt wer-den. Durch gezielte Auswertung der Frequenzspektren konnte die Anzahl an Fehlortungen dabei deutlich reduziert werden. Die Grundlagenerkenntnisse aus der Analyse der Signale der Schwingungs-, Schall- und AE-Messungen wurden weiterentwickelt, so dass eine gezielte Rückkopplung auf die Prozessteuerung gegeben werden kann. So kann zum Beispiel bei einem kurzfristigen Ausfall des Trockeneismassenstromes die Vorschubbewegung des Trockeneisstrahles unterbrochen werden oder die Analyse der Intensität mit örtlicher Zuordnung für eine gezielte Nachbearbeitung genutzt werden. Dadurch wurde die Grundlage für einen automatisierten Betrieb des Trockeneisstrahlens bei gesicherter Prozessqualität geschaffen. Ebenfalls ist es möglich, den Alterungsprozess der Strahlpellets über der Lagerdauer nachzuweisen und somit auch die Qualität des Strahlmittels während des Prozesses zu beurteilen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Trockeneis-Laserstrahl- Hybridtechnologie für den Rückbau kerntechnischer Anlagen. 5. IFW-Steinkolloquium 06.2004, Hannover, ISBN 3936888493
Bach, Fr.-W.; Versemann, R.; Brüggemann, P.
- Dry ice blasting and water jet processes for the removal of thermal sprayed coatings. Conference Proceedings International Thermal Spray Conference ’05 – ITSC ’05, 2.–4.05.2005, Basel, Switzerland, S. 1549-1555, ISBN 978-3-87155-793-4
Bach, Fr.-W.; Brüggemann, P.; Louis, H.; Schenk, A.; Versemann, R.
- Qualitätssicherung und Produktivitätssteigerung in Produktionsanlagen am Beispiel Wasserabrasivstrahlschneiden. 15. Kolloquium Schallemission, „Statusberichte zur Entwicklung und Anwendung der Schallemissionsanalyse“, 11.2005, Berlin, ISBN 3-931381-69-2
Scheer, C.; Reimche, W.; Peter, D.; Bach, Fr.-W., Südmersen U.
- Beurteilung des Entschichtungszustands beim Trockeneisstrahlen mittels Analyse und Ortung von Schallemissionssignalen. „16. Kolloquium Schallemission“ der DGZfP, 12.-13.09.2007, Puchberg, Österreich, ISBN 978-3-940283-01-6
Scheer, Chr.; Brüggemann, P.; Reimche, W.; Bach, Fr.-W.
- Laserunterstütztes Trockeneisstrahlen. Industriearbeitskreis Trockeneisstrahlen, Berlin, 2007
Brüggemann, P.; Scheer, Chr.; Reimche, W.; Bach, Fr.-W.