Auswirkungen von akutem Stress auf Arbeitsgedächtnisleistung und Interferenzanfälligkeit: Welchen Einfluss haben die emotionale Valenz des Lernmaterials und das Geschlecht?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Einflüsse von Stress auf das präfrontal vermittelte Arbeitsgedächtnis sind bisher nur unzureichend verstanden. Ziel dieses Projektes war es herauszufinden inwieweit die Stresseffekte durch die Emotionalität der Stimuli und das Geschlecht der Probanden moderiert wird. In der ersten Studie wurden Probanden mittels eines standardisierten Laborstressors (Trierer Sozial Stress Test; TSST) gestresst bzw. durchliefen eine Kontrollbedingung. Anschließend bearbeiteten die Probanden eine sog. n-back Aufgabe mit neutralen und negativen Bildstimuli. Die Analyse der Speichelproben zeigte, dass Stress, wie erwartet, mit einer Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen Nebennierenrindenachse einherging. In der Arbeitsgedächtnisaufgabe zeigte sich eine Interaktion zwischen den Faktoren Stress, Geschlecht und Aufgabenschwierigkeit. In der schwierigeren Aufgabenbedingung führte Stress bei Männern zu einer verbesserten Leistung (schnellere Reaktionszeiten), wohingegen bei Frauen das umgekehrte Muster (langsamere Reaktionszeiten) beobachtet wurde. Die Emotionalität der Stimuli hatte keinen Einfluss auf die Leistung und interagierte nicht mit den Faktoren Stress oder Geschlecht. Die beobachtete Interaktion zwischen Stress und Geschlecht wurde in einer Folgestudie mit einer neutralen n-back Aufgabe repliziert. Erneut wurden Männer nach Stressexposition besser, wohingegen Frauen schlechter wurden. In der zweiten Studie sollten die Auswirkungen von Stress auf die Interferenzanfälligkeit getestet werden. Hierzu wurde ein sog. Sternbergparadigma verwendet. Während des Verzögerungsintervalls wurden emotionale und neutrale Bilder als Distraktoren dargeboten. Hierbei wurden die Augenbewegungen mittels Eye-Tracker erfasst. Die Befunde zeigten, dass Stress die Leistung in der Sternbergaufgabe nicht beeinflusste. Interessanterweise führte Stress jedoch zu einer Veränderung der Blickbewegungen zu den emotionalen Distraktoren, was als eine Hypervigilanz für bedrohliche Reize unter Stress interpretiert werden kann. Zusammenfassend zeigen die Befunde, dass die Auswirkungen von Stress auf das Arbeitsgedächtnis aufgabenspezifisch zu sein scheinen. Darüber hinaus gibt es bedeutsame Geschlechtsunterschiede. Bei Männern übt akuter Stress eher fördernde Effekte auf die Arbeitsgedächtnisleistung aus, wohingegen bei Frauen eher beeinträchtigende Effekte zu beobachten sind. Bezüglich des Einflusses der Stimulusemotionalität zeigt sich kein starker Einfluss, wenn der Stimulus ein möglicher Zielreiz ist. Anders ist die Situation wenn der Stimulus einen Distraktor darstellt.