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Esoterik im Wolffianismus. Tradierungen spekulativer Theoreme im Rahmen des Diskurses der physischen Monadologie

Fachliche Zuordnung Geschichte der Philosophie
Förderung Förderung von 2004 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5470689
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zu den überraschendsten Ergebnissen des Projekts gehören die verbreitete Kenntnis ‚esoterischer‘ Traditionen in der Aufklärung sowie die Selbstverständlichkeit, mit der man in aufgeklärten Kreisen des 18. Jahrhunderts mit ‚esoterischen‘ Quellen umgegangen ist. ‚Esoterik‘, hier konkret die ‚pythagoreisch-(neu)platonische‘ Tradition, war Bestandteil eines allgemeinen Bildungskanons, aus dem man sich zu unterschiedlichen Zwecken bedient hat. Das Beziehungsgeflecht zwischen Aufklärung und ‚Esoterik‘ war also weitaus enger geknüpft als bisher in der Forschung angenommen. Es ging dabei nicht oder nicht nur um eine generelle ‚Absetzbewegung‘, um sich vom Ballast der ‚esoterischen‘, in der Forschung oft als ‚irrational‘ oder mit den Schlagworten des ‚Aberglaubens‘ und des ‚Vorurteils‘ belegten Tradition zu befreien, sondern um eine in vielerlei Hinsicht variantenreiche, modifizierende Anknüpfung an ‚esoterische‘ Topoi und Etikettierungen, um in den Diskursen der Aufklärung Position zu beziehen. Gerade die ‚pythagoreisch-(neu)platonische‘ implikationslogische und metaphysischspekulative Mathematik hat ihren Niederschlag im Leibniz-Wolffianismus gefunden. Aus der Perspektive des heuristischen Forschungsbegriffs der Esoterik konnte nachgewiesen werden, wie stark selbst Leibniz und Wolff ‚esoterischen‘ Topoi verpflichtet waren: ‚Esoterisches‘ musste nicht erst in den Leibniz-Wolffschen Rationalismus hineingelesen oder hineingedeutet werden. Es war darin als essenzieller und konstitutiver Bestandteil bereits enthalten: Offensichtlich kann nämlich der Vernunftbegriff im Rationalismus des 18. Jahrhunderts spekulative Theorien der esoterischen Tradition mit einbinden, ohne deswegen im eigenen Selbstverständnis nicht oder nicht mehr länger ‚aufgeklärt‘ sein zu können. ‚Esoterik‘ konnte also integrales Moment der Aufklärungsphilosophie sein und dieser zugleich ihre geschichtsphilosophische Note geben: Autonomie der Vernunft hieß bei Leibniz und Wolff, die Rationalitätsstrukturen auch ‚esoterischer‘ Traditionen in die ‚Moderne‘ zu übersetzen und in eine logisch begründete Kette geprüfter Wahrheiten einzuflechten. Mit der ‚Esoterik‘ wurde die Historie selbst rationalisiert. Der Rationalismus der Leibniz-Wolffschen Schule war nicht nur das logische, sondern auch das geschichtsphilosophische Kriterium im Umgang mit ‚esoterischen‘ Topoi. Wie wirkmächtig der ‚esoterische‘ Leibniz-Wolffianismus in seinen logischen und geschichtsphilosophischen Implikationen gewesen ist, zeigt ein Ausblick auf den Deutschen Idealismus sowie auf die Moderne des späten 19. und des 20. Jahrhunderts. Auch hier war das Projekt wegweisend, indem es, den Spuren der ‚esoterischen‘ Monaden folgend, die bislang verborgenen Allianzen von Rationalismus, ‚Esoterik‘, moderner Soziologie und des modernen Subjektbegriffs aufgespürt hat. Der Projektleiter hat in einer musikphilosophischen Studie außerdem auf die ‚esoterischen‘ Verflechtungen innerhalb der Musik der Moderne hingewiesen (Stolzenberg 2013).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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