Institutionalisierung und Ausrichtung der deutschen wissenschaftlichen Agrarpolitik und Agrarökonomie - eine wissenschaftssoziologische Analyse
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem geförderten einjährigen Rechercheprojekt sollten Zuarbeiten zu dem Thema „Entwicklung und Ausrichtung der deutschen universitären Agrarpolitik und Agrarökonomie" geleistet werden. Die Rechercheergebnisse sollten erstens bezüglich der Bestandsaufnahme zur aktuellen universitären Agrarpolitik und Agrarökonomie und ihren Implikationen, zweitens zur rekonstruktiven Analyse der personellen, institutionellen und dogmenhistorischen Entwicklung der universitären Agrarpolitik und Agrarökonomie ab 1945 und drittens zur Analyse des Verhältnisses zwischen wissenschaftlicher und praktischer Agrarpolitik einen Beitrag leisten. Geplant waren dazu in vier Blöcken personenbezogene Recherchen, Debattenanalysen sowie eine Analyse zur Korrelation zwischen Herausgeberschaft und Publikationshäufigkeit (in der "Agrarwirtschaft"). Mit den Arbeiten wurde nach Bewilligung des Projektes zeitgleich in allen vier Blöcken wie geplant begonnen. Die personenbezogenen Recherchen zur Ersten Generation der genannten universitären Vertreter nach 1945 ergaben, dass bis auf wenige Ausnahmen diese Vertreter alle auch schon vor 1945 in die entsprechenden Strukturen involviert waren. Gleichzeitig war diese Generation aber auch diejenige, welche entscheidend die grundsätzliche Ausrichtung der universitären Agrarpolitik und Agrarökonomie nach 1945 mitbestimmten - eine Ausrichtung, die bis heute anhält und durch eine neoliberale Ausrichtung geprägt ist sowie durch das Grundverständnis, dass „wissenschaftliche" Agrarpolitik deckungsgleich der universitären Agrarökonomie gesehen werden kann. Daraus ergaben sich zwei wesentliche Arbeitsschritte: 1. Die Recherchen wurden auf den Zeitraum 1933 bis 1945 erweitert. Dazu wurden zu allen professoralen Vertretern vor und nach 1945 personenbezogene Daten recherchiert als auch die 1933 bis 1945 publizierten Arbeiten der Vertreter analysiert. Vom Aufbau her entstand aus diesen Recherchen im Ergebnis eine Gegenüberstellung der Rechercheergebnisse zu diesen Vertretern und den Aussagen dieser Vertreter selbst oder ihrer „Schüler" zu dieser Zeit 1933 bis 1945, wodurch massive Diskrepanzen offen gelegt wurden. Im Kern ist hier das Ergebnis, dass viele Vertreter im NS-System eine exponierte Stellung inne hatten, während die biographischen Hinterlassenschaften keinen Hinweis darauf geben bzw. teils, sogar die Verfasser das Gegenteil behaupteten. Die diskursanalytischen Arbeiten ergaben: Das Selbstverständnis eines ausgeprägten elitären Denkens dieser Vertreter, welches vor 1945 verschiedene spezifische Ausprägungen fand, ist nach 1945 bezüglich der Frage nach dem Umgang der Landwirtschaft in der Gesellschaft als ausgeprägt dirigistisches wieder zu finden. 2. Für den Zeitraum nach 1945 wurden Recherchearbeiten geleistet, mit deren Ergebnissen die sukzessive Entwicklung ab 1945 bis zum Stand des monolithischen Auftretens 2001 nachvollzogen werden können. Nach einer anfänglich dualistischen Konstellation (ordoliberale versus liberale Ausrichtung) entwickelte sich in den 70er Jahren eine quartale Situation (ordoliberale, liberale, linke sowie Ostforschung), wobei sich die ordoliberale und linke Ausrichtung einschließlich der Ostforschung nicht mehr an Agrarfakultäten etablieren konnten, was neben weiteren Einflussfaktoren die Entwicklungen ab den 70er Jahren entscheidend mit beeinflusste. Die Ergebnisse der Recherchen trugen maßgeblich dazu bei, die Analyse zur Entwicklung und Ausprägungen der deutschen universitären Agrarökonomie und Agrarpolitik voranzutreiben. Da diese Analyse sich methodisch auf alle professoralen Vertreter eines universitären Bereiches bezieht, ist es weiterführend nahe liegend, die Rechercheergebnisse, welche teilweise in personenbezogenenen Einzeldaten voriiegen, weiter aufzubereiten, indem die Daten zum Zeitraum 1933 bis 1945 als auch zum Zeitraum 1945 bis 2006 in eine SQL-Datenbank überführt werden, um so zu den spezifischen Abläufen und Konstellationen (Ortsbezüge, Personenkonstellationen, Schüler-Lehrer-Verhältnisse, Lieferstrukturen zwischen den Universitäten usw.) entsprechend weiter arbeiten zu können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2008): Die ,ökonomisierten' WiSo- Bereiche an den Agrarfakultäten. In: Ländlicher Raum, Heft 5, 25
Hirte, Katrin
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(2008): Die Rolle der universitären Agrarpolitik und Agrarökonomie in agrarpolitischen Diskursverläufen. In: KCTOS: Wissen, Kreativität und Transformation von Gesellschaften. Trans-Nr. 17. Inst-Verlag Wien
Hirte, Katrin
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(2009): Diskursverläufe in der Agrarpolitik als neoliberales Hegemonialprojekt - Struktur, Ursache und Wirkungen. In: Ötsch, Walter; Thomasberger, Claus (Hg.): Der neoliberale Markt-Diskurs. Zur Kulturgeschichte ökonomischer Theorien im Alltagsdiskurs. Metropolis Verlag Marburg
Hirte, Katrin
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(2009): Markt als soziale Struktur - Zum Diskurszenario zur "Märkte-Störung" durch den Milchstreik und die fragwürdigen Begründungen dazu. In: arbeitsergebnisse 62. Hg.: Fachgebiet Landnutzung und Regionale Agrarpolitik, Fachbereich 11 Universität Kassel. University press Kassel, 14-26
Hirte, Katrin