Modellierung graphisch und verbal repräsentierter Geoinformation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Um die Integration sprachlicher Information in geographische Informationssysteme zu ermöglichen, wurde eine Methodik zur Überführung verbal repräsentierter räumlicher Zusammenhänge in eine formale Darstellung entwickelt. Diese umfasst neben einer funktionalen ebenfalls eine semantische Modellierungsebene. Begründet wird dies durch die differenzierten Betrachtungen, welche für eine zuverlässige und robuste Verarbeitung unscharfer Geoinformation notwendig sind. So erfordern die verschiedenen Abstraktionsstufen der verbalen Repräsentation semantische Modellierungsstrukturen. Diese erlauben es ebenfalls, fehlende Information durch einschränkende Bedingungen sowie heuristische Annahmen zu ergänzen. Ferner wird die der Information zugrunde liegende Raumvorstellung, sowie die Semantik der zur Beschreibung genutzten linguistischen Terme einbezogen. Die Berücksichtigung der semantischen und topologischen Objektrelationen bei der Modellbildung ermöglicht es indes, die sprachlich bedingten semantischen Mehrdeutigkeiten aufzulösen. Formalisiert werden diese Aspekte in einer ontologischen Wissensbasis, unter Nutzung der Web-Ontologie-Sprache, welche es in Form einer Beschreibungslogik erlaubt, eine konkrete Domäne semantisch korrekt abzubilden. Die Nutzung einer Inferenzmaschine gestattet es, ausgehend von dem modellierten Wissen, erforderliche Zusammenhänge abzuleiten. Die quantitative Beschreibung der verbalen Information erfolgt auf Basis eines funktionalen Modells. Dieses ermöglicht es, unter Berücksichtigung diverser Einflussterme, einen Gültigkeitsraum der verbalen Information aufzuspannen. Ausgehend von diesem Gültigkeitsraum wird ein konkretes intervallwertiges Bewertungsmaß für ein beschriebenes, intendiertes Objekt abgeleitet. Einbezogen werden dabei die Art und Aktualität der Erfassung, die Glaubwürdigkeit des Verfassers sowie die räumliche Unschärfe der Information. Überdies wird die wiederholte Beschreibung der Lage eines intendierten Objektes stützend berücksichtigt. Der konkrete Einfluss der jeweiligen Terme konnte auf Basis eines vorliegenden Meldungskorpus sowie einer statistischen Erhebung bestimmt werden. Das eingeführte Bewertungsmaß gestattet es im Weiteren für jedes Objekt die Konsistenz mit der Meldungsmenge zu bestimmen. Dies erfolgt intervallwertig im Sinne einer positiv und negativ Hypothese, sowohl für als auch gegen die Konsistenz mit der Meldungsmenge. Eine konkrete Anwendungsschale des Verfahrens bietet die raumbezogene Auswertung freitextlicher Meldungen von katastrophalen Ereignissen. Der eigens entwickelte Prototyp namens Seneca wertet unter Nutzung des vorgestellten Verfahrens die textuell vorliegenden Meldungen vollautomatisch aus und generiert die entsprechende Lagedarstellung. So ist es dem Stabspersonal möglich, auf Basis des Bewertungsmaßes konkrete Entscheidungen zu treffen. Der Fokus folgender Forschung sollte auf der Modellierung der verschiedenen Skalenbereiche sowie der Formulierung widerspruchsfreier Skalenübergänge liegen. Ferner ist die Semantik der räumlichen Präpositionen sprachübergreifend funktional zu definieren. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der Berücksichtigung vager räumlicher Objekte, der Lösung räumlicher Mehrdeutigkeiten sowie letztlich der Betrachtung lokaler räumlicher Szenen. Ein globaler Lösungsansatz wird dabei wiederum in der getrennten Modellierung semantischer und funktionaler Aspekte gesehen. Dies ermöglicht eine mehrwertige Interpretation jeder Information unter Nutzung von sogenanntem Weltwissen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Integration of Language in GIS: Models in Ownership Cadastre and Disaster Management. Journal: Photogrammetrie, Fernerkundung, Geoinformation (PFG), 3/2008, S. 217-225, 2008
Lucas, Ch.; Müller, M. und Bähr, H.-P.
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Modeling Spatial Scenes in Disaster Domain Ontologies. Proceedings of the XXI ISPRS Congress, International Archives of Photogrammetry, Remote Sensing and Spatial Information Science (IAPRSIS), Beijing China, 2008
Lucas, Ch. und Werder, S.
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Modellierung verbal repräsentierter Geoinformation zur Lagekartenführung im Katastrophenmanagement. Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement (ZFV), 4/2009, S. 209-218, 2009
Lucas, Ch.
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Modellierung verbal repräsentierter Geoinformation. Dissertation, Fakultät für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften, KIT, Deutsche Geodätische Kommission Reihe C, C-650, München, ISBN 978-3-7696-5062-4, 2010
Lucas, Ch.