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Antinomien demokratischer Rüstungskontrollpolitik in den neunziger Jahren. Unterschiede der westlichen Rüstungskontrollpolitik als Ergebnis widersprüchlicher Impulse demokratischer Entscheidungsprozesse

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2003 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5401263
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Unsere theoretischen Ausgangsüberlegungen führten uns zu der Prognose, dass die demokratietypische liberale Ideologie nutzbar ist, um demokratische Werte als Argument dazu zu nutzen, „das Pulver trocken zu halten“, aber auch, um weitreichende Abrüstungsvorschläge zu rechtfertigen. Diese Ambivalenz-Hypothese hat sich in der Politik der untersuchten Demokratien bewahrheitet. Dabei sind die demokratischen Institutionen relativ marginal an der Politikformulierung beteiligt. Es sind die Ministerialbürokratien, in präsidentiellen Systemen auch die exekutive Spitze, welche die Politikinhalte bestimmen. Demokratie fungiert lediglich als - indes nicht vernachlässigbarer - Hintergrund der Entscheidungen; dies führt immerhin dazu, dass die Bürokratie sich überwiegend gehalten oder gar verpflichtet fühlt, im Einklang mit der öffentlichen Meinung zu handeln. Falls jedoch die Orientierung der Bürokratie von einer weltpolitischen Ordnungsrolle ihres Landes dominiert wird, neigt sie dazu, die öffentliche Meinung zu vernachlässigen. Demokratische Öffentlichkeiten tolerieren diese Abweichung, solange die Sachfrage keine hohe Aufmerksamkeit erlangt. Ist dies der Fall - wie in den Ausnahmen Teststopp und Landminen, beide in der Mitte der 90er Jahre - zeigt sich öffentlich wirksame Opposition, die dann eine Änderung der Politik bewirken kann. Die allgemeine Lethargie könnte in Aktivismus umschlagen, wenn die fraglichen Waffen als existentielle Bedrohung wahrgenommen werden, wie die nuklearen Mittelstreckenwaffen während der frühen neunziger Jahre, oder wenn Regierungen gegen tief verwurzelte Einstellungen der Bevölkerung handeln würden (wenn z.B. die irische oder die schwedische Regierung Kernwaffenprogramme ankündigen würden). Für unsere Untersuchungsperiode sind dies allerdings kontrafaktische Denkübungen. Die Beziehung zwischen Demokratie und Rüstungskontrolle erscheint daher eher schwach und indirekt. Ideationale Variablen intervenieren zwischen Demokratie, Macht, Allianzbeziehungen und bilden den „frame“, in dessen Rahmen diese Variablen wirken. Die NATO wirkt eher rüstungs-kontrollhemmend, die EU eher rüstungskontrollfreundlich auf ihre Mitglieder. Der relativ starke politikprägende Einfluss der oft als schwach empfundenen Außen- und Sicherheitspolitik der EU kann als ein doch überraschender Befund gelten. Als entscheidende Akteure setzen die unermüdlichen Ministerialbürokraten die politischen Akzente einer mehr oder weniger aktiven Rüstungskontrollpolitik. Dass sie dabei in den meisten Fällen die in der Öffentlichkeit verankerten Werte entweder selbst internalisiert haben und damit - auf verschlungenem Wege - der Demokratie doch noch zu ihrem Recht in diesem Politikfeld verhelfen oder bewusst auf sie Rücksicht nehmen, ist eine weitere Überraschung unserer Arbeit.

 
 

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