Evolution von Brutpflege und Brutparasitismus bei wüstenlebenden Schwarzkäfern (Coleoptera, Tenebrionidae, Stizopina): Phylogenetischer Hintergrund und chemische Signale
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Projekt sollte geprüft werden, ob die unter Schwarzkäfern einmaligen Phänomene von Brutpflege und Brutparasitismus bei den in ariden Gebieten des südlichen Afrikas lebenden Stizopina jeweils auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen oder sich konvergent entwickelt haben. Anhand der mitochondrialen Cytochrom-Oxidase l und II Gene und des nuklearen Gens für den Elongationsfaktor 1 alpha haben wir einen molekularsystematischen Stammbaum der Gruppe aus 79 Arten aus 21 Gattungen der Stizopina sowie 7 Außengruppenvertretern erstellt. Obwohl keine zweifelsfreie Auflösung der basalen Verzweigungen innerhalb der Stizopina möglich war und einige Unklarheiten bezüglich der Stellung einzelner Arten bestehen bleiben, legen Parsimonie-, Maximum Likelihood- und Bayes'sche Wahrscheinlichkeits-Analyse nahe, dass Brutpflege sicher nicht monophyletisch sondern zwei- bis viermal unabhängig entstanden sein könnte. Eine monophyletische Entstehung der Brutpflege bei den Arten, die bisher zweifelsfrei als brutpflegend nachgewiesen wurden, kann durch einen statistischen Vergleich der entsprechenden Stammbaumtopologien ausgeschlossen werden, wogegen sich eine zweimalige, unabhängige Entstehung im statistischen Test nicht ausschließen lässt. Verhaltensbiologische und morphologische Merkmale sprechen ebenfalls für eine zweimal unabhängige Entstehung durch die extremen ökologischen Bedingungen. In einem Monophylum ist die biparentale Brutpflege von einem spezifischen Paarbildungsverhalten durch männliche Sexualpheromone und Erkennungsmechanismen begleitet. Brutparasitismus ist aus den ökologischen Anforderungen mindestens viermal unabhängig in Gruppen entstanden, die in keinem engen Verwandtschaftsverhältnis untereinander und zu den Wirten stehen. Emerys Rule, die bei eusozialen Insekten besagt, dass Parasiten und Wirte nächste Verwandte sein sollten, gilt bei den Stizopina somit nicht. In Wehrsekreten sind Pheromone enthalten, die zu intra- und interspezifischen Assoziationen führen und Ausgangspunkt für die Evolution von Kairomonen darstellen. Wie sich an Eremostibes opacus und seinem Wirt Parastizopus armaticeps zeigen ließ, ist für die Wirtsfindung des Parasiten das Wehrsekret des Wirtes, v.a. das Monoterpen (-)-Camphen, ausschlaggebend. Diese Substanzen fungieren auch unspezifisch in der Akzeptanz des Parasiten durch den Wirt. Das artspezifische Erkennungssystem wird aber vor allem durch eine chemische Mimikry der kutikularen Kohlenwasserstoffe umgangen. Wie eine Cluster-Analyse zeigte, beruht Ähnlichkeit der Kohlenwasserstoffmuster auf konvergenter Entwicklung und nicht auf naher Verwandtschaft der Wirt-Parasit-Paare. An einem Beispiel, dem Paar Eremostibes opacus und Parastizopus armaticeps, liess sich experimentell belegen, dass eine Veränderung des Kohlenwasserstoffmusters zu steigender Aggression des Wirtes gegen den Parasiten führt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Geiseihardt, S. (2006) Allomones as sex pheromones in Parastizopus (Coleoptera: Tenebrionidae). Talk presented at the 23rd ISCE Annual Meeting in Barcelona
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Geiselhardt G, Ockenfels P, Peschke K (2008) 1-Tridecene - male-produced sex pheromone of the tenebrionid beetle Parastizopus transgariepinus. Naturwissenschaften 95: 247-251
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Geiselhardt S, Szepat T, Rasa O.A.E. (2006 a) Defensive secretion components of the host Parastizopus armaticeps as kairomones for the cleptoparasite Eremostibes opacus. Journal of Chemical Ecology 32: 767-778
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Geiselhardt SF, Geiselhardt S, Peschke K (2006 b) Chemical mimicry of cuticular hydrocarbons - how does Eremostibes opacus gain access to breeding burrows of its host Parastizopus armaticeps (Coleoptera, Tenebrionidae)? Chemoecology 16:59-68