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Internationales Privatrecht und Völkerrecht – Koevolution oder Entfremdung?
Antragsteller
Dr. Anton Stefan Zimmermann
Fachliche Zuordnung
Privatrecht
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 536608751
Wenn vor einem deutschen Gericht um ein auf der Krim belegenes Grundstück gestritten wird, bestimmt sich das Eigentum dann nach ukrainischem oder russischem Recht? Wenn deutsche Gerichte einen Zeugen aus dem Ausland per Videokonferenz vernehmen wollen, müssen sie dann vorab den Aufenthaltsstaat um Erlaubnis fragen? Und kann ein ausländischer Staat vor deutschen Gerichten auf Schadenersatz verklagt werden, wenn ihm das menschenrechtswidrige Foltern eines Menschen vorgeworfen wird? Diese Fragen haben auf den ersten Blick grundverschiedene Sachverhalte zum Gegenstand, weisen aber in rechtlicher Hinsicht eine entscheidende Gemeinsamkeit auf: In ihnen allen treffen Völkerrecht und Internationales Privatrecht aufeinander. Das Ziel des hier vorgestellten Projekts besteht darin, diese Schnittstelle zu erforschen. Dabei nimmt das Projekt eine übergreifende, nicht auf Einzelfragen limitierte Perspektive ein. Es soll untersucht werden, was die verschiedenen Einzelfragen über das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Internationalem Privatrecht im Ganzen aussagen. Umgekehrt soll das Projekt zudem herausarbeiten, wie sich das Verhältnis der beiden Gebiete zueinander für die Lösung neuer Probleme fruchtbar machen lässt und in wieweit der Einfluss des Völkerrechts bisherige Gewissheiten im Internationalen Privatrecht in Frage stellt. Im Zentrum stehen zwei Elemente, die im Völkerrecht und im Internationalen Privatrecht zentral sind: die Souveränität der Staaten und die Menschenrechte. Zwischen beiden besteht ein gewisses Spannungsverhältnis: Die Menschenrechte stehen dem Individuum zu und richten sich damit gegen die Machtvollkommenheit des Staates, während Souveränität - jedenfalls wenn sie absolut verstanden wird - die zwingende Geltung von Menschenrechten zurückdrängt. In diesem Wechselspiel hatte der Aufstieg der Menschenrechte notwendig eine - in ihrem Umfang umstrittene - Relativierung der Staatensouveränität zugunsten des Individuums zur Folge. Diese Paradigmenverschiebung spiegelt sich im Internationalen Privatrecht beispielsweise darin wider, dass Anknüpfungspunkte staatlicher Kontrolle zunehmend entzogen werden (Beispiel: gewöhnlicher Aufenthalt statt Staatsangehörigkeit) und dass der Anspruch auf Justizgewähr eine wachsende Rolle auch bei grenzüberschreitenden Verfahren spielt (Beispiel: grenzüberschreitende Beweiserhebung). Das vorgeschlagene Projekt soll diese Entwicklungen aufarbeiten und damit zu einer zeitgemäßen Erfassung des Verhältnisses von Völkerrecht und Internationalem Privatrecht beitragen.
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen